Primavera Siciliana 6(9)

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Mittwoch, 09.05.07: Cava Grande - der sizilianische Grand Canyon

Auch heute heißt es wieder einmal "Packen". Um 10 Uhr geht’s weiter zur letzten, aber längsten Destination auf Sizilien. Wir fahren zunächst am Meer entlang und bestaunen die tolle Marina, die hier gerade in Bau ist. Hier entsteht in den nächsten Jahren ein toller Urlaubsort! Das könnte ein echter Geheimtipp werden in den nächsten - sagen wir - 5 Jahren. Tolle Häuser stehen hier, viele sind noch in Bau, dazu Sandstrand und eine Marina, super!

Auf dem Weg zum Tagesziel "Casa Grande“, der großen Schlucht, die wir im Reiseführer entdeckt haben, heißt unser erster Stopp Noto, oben in den Bergen. Als ich fotografierend über den Platz schlendere, ruft plötzlich jemand von hinten, ob ich etwas Bestimmtes suchen würde. Ich bin schon sehr überrascht, hier so klare deutsche Worte zu hören! Ein Mann in einem Straßencafé, der unsere Schleichfahrt zum Parkplatz beobachtet hatte, spricht mich an. Guiseppe erzählt mir, dass er seit 42 Jahren in Stuttgart lebt, eine deutsche Frau hat und hier im Moment sein Elternhaus verkauft. Auch seine Kinder wollen hier nicht mehr Urlaub machen. Es sei im Sommer einfach zu heiß. Tja, so kann's eben auch waschechten Sizilianern ergehen.

Mein Navi hilft mir sehr, die große Schlucht zu finden. Die Zugangsstraße hat kein Schild, keine Beschreibung. Noch 3 km weiter geht’s links rein. Dort kündigt ein Schild die schon im Reiseführer erwähnte Trattoria an. Sie befindet sich 250 m über der Schlucht. Ein toller Ausblick bietet sich von hier. Für die RT gibt’s wieder eine Pole-Position: Ein reservierter Parkplatz für Anwohner mit einem kleinen Dach gegen die Sonneneinstrahlung.
 

 

Der Fluss Cassibile hat hier eine tiefe Schlucht geschaffen. Sie hat Ähnlichkeiten mit dem Grand Canyon du Verdon in der Provence. Allerdings ist sie nicht so groß. Der Fluss hat zahlreiche kleine Seen auf Terrassen entstehen lassen, oft mit kleinen Wasserfällen. Die Hänge der Schlucht sind frühlingshaft grün und dazu felsig. Wie so oft bestimmt üppige Macchia das Landschaftsbild: Ein traumhaftes Panorama. 

Von unserem Parkplatz aus wandert man einem Fußweg entlang in die Schlucht hinunter. Oben an einer kleinen Holzhütte lässt man sich vorher registrieren. Das dient der Sicherheit. Denn sollte man vor 17:00 Uhr nicht wieder hier oben angekommen sein, löst der Mann eine Rettungsaktion aus. Deutsche Wanderer haben uns erzählt, dass der Abstieg selbst zwar anstrengend ist und etwa eine Stunde dauert. Unten angekommen kann man dann aber die wunderschönen terrassierten Seen zur Abkühlung nutzen. Allerdings braucht man gut 2 Stunden für den Weg zurück aus der Schlucht bis hier hinauf. Nein, das müssen wir in dieser Hitze heute nicht haben. Schon gar nicht in Leder!

Vier Monate später, im September 2007, hat es in dieser Schlucht gebrannt. Daher wurde sie vorübergehend geschlossen und wird wohl erst wieder im Frühjahr 2008 geöffnet werden. Die Gefahr durch abfallendes Gestein durch die höhere Erosion ist einfach zu groß.

Inzwischen kommen die Leute heim, die hier die Trattoria bewirtschaften. Jetzt bekommen wir sogar noch einen Kaffee zu unseren Plätzchen. Mit dem 5jährigen Jungen der Leute, Gabriel, freunden wir uns sofort an. Aber die Konversation erschöpft sich leider in einem "Come sta?" (Antwort "Bene") und einem gestammelten "Sono tedesco!". Er scheint uns zu verstehen. Leider gibt unser Italienisch nicht mehr her...

Eigentlich sollte es nicht überraschend sein für uns: Der Wirt schließt zur Mittagszeit - wie es sich hier gehört - einfach die Tür ab und lässt seine Kunden Kunden sein. Gleich mehrere Leute klopfen an und wollen etwas kaufen, aber das geht ja nun nicht mehr. Ihre Mittagsruhe ist den Sizilianern heilig - dafür verzichten sie sogar auf Umsatz. Kein Wunder, dass es den Sizilianern wirtschaftlich nicht blendend geht. Kurz bevor wir weiterfahren, entdecken wir, dass es hier sogar ein paar verhältnismäßig saubere Duschen gibt. Für diejenigen, die den Fußmarsch hier 'rauf geschafft haben. Allerdings nicht abschließbar, aber immerhin.

Weiter geht’s auf unserem Weg nach Giardini Naxos. Erst ein Stückchen Richtung Avola (also in die falsche Richtung nach Süden statt nach Norden), um diese wunderschöne Bergstrecke mit ein paar phantastischen Aussichten zu genießen, dann weiter Richtung Palazzolo. Da wir noch viel Zeit haben, suchen wir uns noch ein paar Straßen durch die Berge aus und fahren etwas spazieren. Oben in Ferla, auf ca. 800 m Höhe, sehen wir in einer Luftlinienentfernung von 70 km zum ersten Mal den Ätna. Im Dunst der Wolken taucht er plötzlich auf, ein gewaltiger Bergkegel. Wir sehen ihn noch ein paarmal zwischen den Bäumen hindurch huschen, aber dann wir wieder zu tief. In Solarino machen wir eine letzte Pause. Ein Eis kühlt uns dabei ab und verringert den Hunger, der sich bereits anmeldet. Nun heißt es aber Endspurt - über große Straßen und über die Autobahn. Immer Richtung Catania. Es ist sehr, sehr voll hier. Erst zweispurig, dann vierspurig, dann ein kilometerlanger Stau südlich von Catania. Aber ich fahre daran vorbei. Viele Italiener machen bereitwillig Platz für ein Motorrad. - Ich liebe Italien!!! - So kommen wir relativ zügig voran. Im Auto hätten wir mindestens die dreifache Zeit benötigt.

Es ist toll zu sehen, wie der Ätna immer größer und größer wird. Von hier erkennen wir auch, dass er ein klein wenig raucht. An der letzten Raststätte vor Catania machen wir schnell ein paar Fotos. Es sollten nicht die letzten bleiben. Der Weg über die Autobahn geht sehr fix. Eine gute Viertelstunde später erreichen wir Giardini Naxos, der ersten Kolonie der Griechen auf Sizilien, direkt an den Hängen des Berges Tauro gelegen. In Naxos müssen wir zwar einen Moment suchen, aber nach 10 Minuten haben wir unser Domizil für die nächsten 7 Tage gefunden: Das "Villagio Alcantara". Zunächst sind wir etwas enttäuscht, dass die Qualität hier nicht so gut ist wie in Cefalù. Aber das hier sind halt nur 3 Sterne, keine 4. Aber sauber und ordentlich ist es. Auch hier fühlen wir uns nach kurzer Eingewöhnung wohl.
 

Donnerstag, 10.05.07: Der erste Ätna-Ausflug

Heute steht ein erster Ausflug zum Ätna an. Wir fahren zum Refugio Conti im Norden und zum Refugio Citelli im Osten des Berges. Die Sicht ist grandios. Sehr klar kann man das 60 km weit entfernte Festland erkennen. Die Nordseite (aber auch die Westseite, wie wir ein paar Tage später noch sehen sollten) hat noch viel Schnee. Aber wie die Natur mit diesen Lava-Massen umgeht, ist schon genial. Der Lavastrom macht zwar alles kaputt, was ihm im Weg steht, aber unmittelbar rechts und links daneben ist Natur pur. Sogar einen Kuckuck hören wir von weitem. Und da, wo keine Lava heruntergeflossen ist, ist viel Wald. Ja, Wald! Bisher ist uns auf der Insel kaum Wald begegnet, aber hier! An vielen Stellen wird auch systematisch aufgeforstet. Das sieht dann aus wie in einer Baumschule. Und die grau-braune erkaltete Lava liegt unmittelbar daneben. Sie hat riesige Schneisen in die Landschaft geschnitten. Das hat schon was Groteskes.

An der Refugio Citelli machen wir unseren zweiten Stopp. Es ist nicht gerade billig hier oben. 10 € zahlen wir für 2 Teilchen und 2 Kaffee. Aber dafür entschädigt die grandiose Sicht. Auf dem Heimweg genießen wir noch einmal die fabelhafte (im ursprünglichen Sinne des Wortes!) Landschaft. Leider stehen nur teilweise Schilder am Wegesrand, die darüber informieren, von wann dieser oder jener Ausbruch war. Ob eine Lava-Welle alt oder neu ist, kann man an dem Grad des Grüns erkennen. Aber in der Lava-Wüste des großen Ausbruchs von 2001 und 2002 wächst noch kein einziger grüner Grashalm!
 

 

 

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