Primavera Siciliana 7(9)

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Freitag, 11.05.07: Der zweite Ätna-Ausflug - und nachmittags Taormina

Ich mache mich heute morgen sehr früh allein auf den Weg. Die Route 2 steht auf dem Programm. Und vielleicht kann ich schon ein paar Wege erkunden und dabei ein paar schöne Bilder machen. Bis Pedara im Südosten sind ein paar schöne Dörfer dabei. Dabei ist vom Ätna bis zum zur Stichstraße "Ätna Süd" nichts zu sehen. Besonders Pedara ist geradezu durchsetzt mit neu eingerichteten Einbahnstraßen. Da hilft einem auch das Navi kaum etwas. Da muss man die karge Beschilderung verwenden. Aber dazu braucht man wiederum eine Karte, weil man ansonsten die Ortsnamen nicht einordnen kann. Deshalb: Nur mit Navi ist auch schlecht. Aber schließlich finde ich doch richtige Straße. In großen Schleifen geht es auf phantastischer Oberfläche die Berge hinauf, klasse!!!

Die Region Ätna Süd ist noch etwas beeindruckender als Nord. Oben befindet sich eine Seilbahn und eine ganze Reihe von Häusern, teils sehr neu. Na ja, ist ja auch kein Wunder, denn 2001 und 2002 kamen hier ganze Gebirge von Magma herunter. Nur im Bereich des Silvestri-Kraters ist das Haus stehengeblieben. Alles andere ist neu.

Hier sind viele Wohnmobile, auch viele Deutsche unterwegs. Aber wer früh ist, so wie ich heute morgen, kann den Silvestri-Krater noch ganz allein umrunden. Der Bereich wurde nach den Eruptionen von 2001 und 2002 gründlich neu gemacht. Die Straßen hier sind absolute Spitzenklasse. Komplett übersichtlich kann man es auch mal richtig knacken lassen. Die sprichwörtliche Glätte vieler sonstigen sizilianischen Straßen ist hier nicht zu spüren. Es sind definitiv die besten Straßen, die uns auf Sizilien begegnet sind!

Nachmittags liegt ein wenig Städtetour auf dem Programm. Wir sehen uns Taormina an, bekannt durch seine einzigartige Panorama-Lage auf dem Monte Tauro! Einer der berühmtesten Touristen dieser Stadt war kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe, der dem Ort einige Seiten in seiner "Italienischen Reise" (Regensburg, Innsbruck, Brenner, Gardasee, Verona, Venedig, Rom, Neapel und Sizilien) widmete.
 

 

Originalton Goethe:

Unter Taormina, am Meer, Dienstag, den 8. Mai 1787

Kniepen, mir vom Glück zugeführt, kann ich nicht genug preisen, da er mich einer Bürde entledigt, die mir unerträglich wäre, und mich meiner eigenen Natur wiedergibt. Er ist hinausgegangen, im einzelnen zu zeichnen, was wir obenhin betrachtet. Er wird seine Bleistifte manchmal spitzen, und ich sehe nicht, wie er fertig werden will. Das hätte ich nun auch alles wiedersehen können!

Soweit der alte Goethe!
 

Ich genieße die schönen und engen Serpentinen, die in die Stadt führen. Zwischendurch gibt es immer wieder tolle Ausblicke! Und oben erwartet uns ein tolles Städtchen, allerdings mit allen "Segnungen" des modernen Tourismus behaftet. Einen Parkplatz für die RT? Kein Problem! Irgendwo ist immer ein Ecke frei. Wir schlendern die Hauptstraße "Corso Umberto" entlang und stoßen an deren Ende sogar auf die Polizeistation, in der ich damals meine (fruchtlose) Anzeige wegen des Wohnmobilaufbruchs gemacht habe. Eine ganze Zeitlang halten wir uns auf und bummeln auch mal durch ein paar abseits gelegene winzige Gässchen.

Zum Schluss dieser ausführlichen Taormina-Besichtigung suchen wir noch das griechische Theater. Im Prinzip muss man nur dem größten Besucherstrom entgegengehen, dort ist das Theater. Am Eingang stellen wir fest, dass ein Eintrittspreis von 6€ pro Person hier so etwas wie ein Standard ist. Da es aber schon spät ist und die Sonne auf der "falschen" Seite (man hat den Ätna im Hintergrund nicht in der Sonne) steht, beschließen wir, dem Theater einen besonderen Besuch zu widmen. Statt dessen nutzen wir die beiden letzten hellen Stunden des Tages, um noch die anderen Hügel, die man von Giardini aus sieht, anzufahren. Auf dem ersten liegt Taormina, auf dem zweiten steht das Castel von Taormina, und auf dem dritten Berg klebt das Dörfchen Castelmola an den Felsen. Eine enge Serpentinenstrecke führt dort hinauf, und oben bieten sich den Besuchern einige grandiose Ausblicke. Und da der Berg so klein ist, kann man ihn an der höchsten Stelle in einer halben Stunde komplett erlaufen. Wir machen das bei einem herrlichen beginnenden Sonnenuntergang.
 

Samstag, 12.05.07: Der dritte Ausflug und Höhepunkt des Urlaubs,
unser "Tanz auf dem Vulkan"

Am heutigen Tag haben wir uns den Ätna vorgenommen - wir wollen nach (fast) ganz oben! Ich hatte ja gestern bereits einige wichtige Stellen ausgekundschaftet. Wir fahren auch heute die 20km Autobahn für 0,70 €, das beschleunigt die Anfahrt zum Ätna sehr, weil’s nur 10 min dauert. Eine ¼ Stunde brauchen wir noch für ein paar Dörfer, dann geht’s den Berg hinauf. Am Parkplatz erwartet uns ein selbsternannter Guide und weist uns einen (allerdings guten!) Parkplatz an. Er hält uns einen Zettel hin, auf dem in Deutsch steht: "Für ein kleines Trinkgeld passe ich den ganzen Tag auf Ihr Fahrzeug auf". OK, denken wir, vielleicht macht er’s ja wirklich und geben ihm 1€.

Der Kartenverkäufer spricht etwas Englisch und sagt uns, was man buchen kann. Man kann mit dem Lift bis auf 2.500 m Höhe fahren und dort in der unmittelbaren Umgebung spazieren gehen. Zusätzlich buchen kann man die Jeepfahrt. Aber daran ist noch ein Führer gekoppelt, da man sich im Kratergebiet nicht ohne Führer aufhalten darf. Nach kurzem Überlegen buchen wir beides: Seilbahn hin/rück sowie die guided Ätna-Expedition für 96€. Ganz schon happig.

Wir fahren mit 2 Österreichern im Lift hoch. Oben stellt der Mann fest, dass man ihn unten betrogen hat. Er hat wie wir 96€ bezahlt, sein Ticket weist aber nur 46€ aus, also für Seilbahn und Führer. Nur mit dem Ticket "Führer" kann er nichts anfangen, also muss er wohl oder übel die Jeeptour nochmal buchen. Auch das "Führer-Ticket" musste er noch einmal bezahlen. 150€ hat die beiden der Spaß gekostet. Dass der für den Rest des Tages "bedient" war, kann man nachvollziehen.

Da ist sie wieder: Die latent vorhandene niedrige Schwelle der Korruption und des Betruges. Ob auf der Autobahn (noch zu Lira-Zeiten) oder beim Ticket-Kauf in Venedig am Canale Grande, uns ist diese Art der Arglist in Italien schon oft begegnet. Und auch wir sind schon mehrfach 'reingefallen. Der Kartenverkäufer hat die vermutlich gedankenlos wirkenden Österreicher ausgenutzt, während wir durch unser penetrantes Nachfragen ein zu großes Risiko für ihn waren. Was lernt man daraus? Da, wo viele Touristen sind und Eile geboten ist, passiert es. Was kann man tun? Kritisch fragen, nicht hektisch und unreflektiert wirken sowie Geld und erhaltene Karten kontrollieren, solange man noch vor dem Schalter steht. Dann ist für den Betrüger das Risiko, ertappt zu werden, zu groß. Und auch die Sprachbarriere spielt hierbei natürlich eine wesentliche Rolle.
 

Die Fahrt mit dem Jeep hinauf auf das 3.000 m hohe Ätna-Plateau ist überwältigend. Teils 5m hohe Schneewände und enge Kurven sowie enorme Steigungen sind zu bewältigen. Es schaukelt wie verrückt und staubt ganz ordentlich. Oben angekommen sehen wir uns unmittelbar mit dem Hauptkrater des Ätna konfrontiert. Es fehlen nur ganze 300 Höhenmeter bis ganz oben! Wir sind von diesem Anblick fasziniert wie schon lange nicht mehr. Unsere Gruppe besteht hauptsächlich aus italienischen Touristen. Aber wir haben auch mit einem Paar aus Estland gesprochen, das eigens für eine Ätna-Expedition hierher gekommen sind. Also man sieht, es ist international hier. Unser Guide spricht ganz passabel Englisch, das versetzt uns in die Lage, das eine oder andere besser zu verstehen und zu lernen. Er hat nur leider einen Bruchteil seiner Erklärungen auf Englisch gemacht. Hier ein paar Fakten, wie wir sie vom Führer verstanden haben:

  • Der wie ein ausgetrockneter Fluss aussehende Lava-Ausbruch vom 07.05.2007 (also nicht einmal 1 Woche vor uns!) war noch deutlich zu sehen. Die Touristen, die seinerzeit hier oben waren, konnten das Magma fließen sehen! Laut Guide qualmt dieser Hauptkrater immer, und zwar Gase (keinen Wasserdampf), ich nehme an, CO2, Methan und ähnliches. Ich frage ihn, ob hier auch bei Ausbrüchen Touristenführungen stattfinden. Er bejaht die Frage. Ich kann's kaum glauben!
  • Weiter unten weist er uns auf 4 kleine Teilkrater hin, die terrassenartig auf geringfügig unterschiedlichen Höhen liegen. Diese sind 2001/2002 beim letzten großen Ätna-Ausbruch entstanden. Die Magmasäulen seien 100 m hoch in die Luft geschleudert worden, der Ascheregen sei 3 Tage lang im 30 km entfernten Catania niedergegangen. Der Berg sei vorher an dieser Stelle eine flache Ebene gewesen, jetzt ist es zerklüftet zwischen diesen Mulden und Hügeln.
  • Rings um diese 2002er Krater entweicht permanent Wasserdampf aus dem Boden. Unter jedem Stein, den man aufhebt, ist es feucht - und heiß! Manche Besucher freuen sich über warme (fast heiße) Füße bei 18° Außentemperatur.
  • Weiter oben auf unserem Fußmarsch um die 4 neuen Krater herum weist der Guide auf die verschiedenen Farben hin, die das Gestein hier hat: Die rote Lava sei die eisenhaltige, die gelbe seien Schwefelgesteine. Wir sind zu weit entfernt von den Schwefelgasen, den üblen Geruch, der damit verbunden ist, nehmen wir bis hierher nicht wahr.

Der Blick von diesem höchsten (2.930 m) Punkt, den der normale Tourist zu Fuß erreichen kann, ist atemberaubend, schlicht überwältigend - und das ist nicht übertrieben! Aufgrund der frühen Tageszeit ist die Luft noch recht klar. Man sieht bis nach Reggio auf dem Festland hinüber. Man kann in Catania Details erkennen, z.B. den Flughafen und landende Flugzeuge. Auch die Berge südlich von Cefalù lassen sich deutlich erkennen.

Großes Glück haben wir bei der Abfahrt. Die Touristen müssen nicht zwingend im selben Jeep mit derselben Gruppe und demselben Führer wieder nach unten fahren. Es kann sich auch schon mal mischen. Da wir den Ausblick besonders lang und ausführlich genossen haben, sind wir die letzten aus unserer Gruppe. Und "unser" Jeep ist bereits voll besetzt. Da ruft uns ein anderer Guide zu sich, er habe noch zwei Plätze frei: Vorn rechts im Führerhaus!!! Ein weiteres echtes Highlight. Jetzt können wir die 500 Höhenmeter noch einmal aus einer besonders exponierten Lage bestaunen. Aus der Pole-Position sozusagen!
 

 

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