Primavera Siciliana 5(9)

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Montag, 07.05.07: Das Tal der Tempel in Agrigento

Heute morgen fahren wir zur nächsten Destination unserer Rundreise. Noch vor 9 Uhr sitzen wir beim Frühstück und genießen dieses für Italiener außergewöhnlich üppige Frühstück. Es ist eindeutig erkennbar, dass man sich hier den Erwartungen der Touristen anpasst. Auf der Hauptstraße SS115 bei Menfi peilen wir unser Ziel "Agrigento" an. Erst ist sehr viel (LKW-) Verkehr, das macht die Fahrt nicht zu einem besonderen Vergnügen. Aber nach bereits 1 Stunde sind wir in Agrigento. Unser Navi findet den Weg zum "Tal der Tempel" leicht und ohne Probleme. Von weitem kann man die Tempel schon sehen. Als wir ankommen, wundern wir uns über die große Anzahl von Bussen, die hier herumfahren, ihre Insassen aussteigen lassen und dann auch alle einen Parkplatz brauchen. Mann, hier ist vielleicht was los!!!

Die Stadt liegt auf einem langsam abfallenden Felsen und wird von zwei Flüssen umschlossen, die sich unterhalb der Stadt auf halber Strecke zum Meer vereinen. Das Stadtgebiet wird durch ein tiefes Tal in zwei Hälften geteilt. Die Akropolis liegt im nordwestlichen Teil. Die Stadt ist schon sehr lange besiedelt. Man hat Überreste aus der Zeit von 600 v. Chr. gefunden. Wir beschränken uns darauf, die herausragende Sehenswürdigkeit Agrigentos zu besichtigen: Das "Tal der Tempel", ein Hochplateau südlich der heutigen Altstadt. Hier befinden sich die archäologischen Fundstätten von Agrigento, die aus den Resten der antiken Stadt Akragas bestehen und zu den eindrucksvollsten archäologischen Fundplätzen auf Sizilien gehören. 1997 wurde die archäologische Anlage zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt.
 

 

Von dem untersten Tempel der Ostanlage wurden 1923 acht Säulen des Herakles-Tempels wieder aufgestellt und teilweise restauriert. Aber sonst erinnert hier nicht viel an einen Tempel. Ganz anders etwas weiter höher. Der Concordia-Tempel ist der am besten erhaltene griechische Tempel weltweit, besser als jeder andere in Griechenland. Das hören die Griechen zwar nicht so gern, erfahre ich beim Zuhören jenes grau-melierten Guides von Selinunte, aber so sei das eben. Die Benennung des Tempels erfolgte eher willkürlich nach einer in der Nähe gefundenen römischen Inschrift, auf der von der Eintracht (lateinisch concordia) unter den Bewohnern des klassischen Agrigentum die Rede ist. Der Tempel wurde etwa 440 bis 430 v. Chr. errichtet. Da er auf einem sehr unebenen Terrain steht, ist er auf einem Sockel errichtet, der die Unebenheiten des Felsens ausgleicht. Sein Grundriss entspricht der Form der klassischen Zeit und einer Säulenhalle von 6 × 13 Säulen. Wir laufen bis ganz oben hin, dort oben auf einem Hügel steht der Lakinia-Tempel, auch sehr gut erhalten, aber nicht ganz so vollständig wie der Concordia. Hier sehen wir wieder viele Touristen, auch viele Deutsche. Aber auch sehr viele andere Nationalitäten: Franzosen, Briten, Holländer, ja sogar ein paar Japaner. Und fast alle sind mit Reisegruppen und Bussen unterwegs.

Den anderen (westlichen) Teil der Tempelanlagen besichtigen wir etwas weniger ausführlich. Nach dem Betreten steht man direkt auf dem riesigen Trümmerfeld des Tempels des Olympischen Zeus (auch Olympieion genannt). Der Tyrann Theron ließ diesen Tempel um 480 v. Chr. nach dem Sieg über die Karthager in der Schlacht bei Himera erbauen. Er sollte den Sieg des griechischen Geistes über die Barbaren verherrlichen. Die Widmung des Tempels an Zeus ist durch den Historiker Diodor bezeugt, der eine Beschreibung des Tempels hinterließ. Der liegende Atlant, der einst diesen Zeustempel trug, ist noch das einzige, was komplett ist bzw. wieder zusammengebaut wurde. Östlich des Tempels ist noch der mächtige Opferaltar zu erkennen, auf dem die "Hekatombe", das gleichzeitige Opfer von 100 Stieren, dargebracht wurde. Alles andere sieht aus wie ein Riesentrümmerfeld. Aber genau das ist es ja auch: Das Trümmerfeld eines Erdbebens.

Zum guten Schluss unserer Agrigento-Kulturreise nehmen wir im Schatten eines Bistros einen Kaffee. Dann geht’s weiter Richtung Ragusa. Die Kurvenstrecke südöstlich von Comiso ist sehr gut. Auf der anderen Seite des Berges geht es nun stetig, aber sehr sanft wieder bis auf Meereshöhe hinunter. Das Hotel ist sehr gut beschildert, wir finden es sofort. Aber in der Lobby gibt es erst einmal eine kleine Überraschung: In schlechtem Englisch erklärt uns der Angestellte, dass wir zwar heute übernachten können, aber morgen leider in ein anderes Hotel umziehen müssen! Ich versuche, das noch abzuwenden, aber es ist wohl aussichtslos. Eine zweite Angestellte, die sogar ein paar Brocken Deutsch spricht und erzählt, sie habe mal in Lörrach gearbeitet, versucht, in dem Hotel ein Zimmer mit Seeblick zu organisieren, aber wir sind skeptisch - zu Recht, wie sich am anderen Tag herausstellt. Als Gegenleistung verspricht uns das Hotel ein Abendessen incl. einer Flasche Wein. Na ja, immerhin!
 

Dienstag, 08.05.07: Die Villa Romana del Casale

Heute morgen heißt es also ungeplanterweise wieder "Umziehen". Es ist einfach nur lästig. Das Frühstück ist erwartungsgemäß, es gibt neben Croissants auch kleine Brötchen. Und ein echter Cappu ist neben dem normalen Kaffee auch enthalten. Zusammen mit einem Paar aus Frankreich fahren wir mit einem Hotel-Guide ins Nachbardorf. Erstaunliches tritt zu Tage: Ein nagelneues, kleines Hotel direkt am Strand. Leider ist unser Zimmer im Untergeschoss, mit entsprechend wenig Licht. Aber es ist ja nur für einen Tag bzw. Nacht. Wir beziehen unser Zimmer, trinken noch in Ruhe einen Cappu auf der schönen Terrasse mit unmittelbarem Blick auf’s Meer und machen uns dann auf zum heutigen Ziel: Den Mosaiken der "Villa Romana del Casale".

Auf dem Weg dorthin fahren wir durch eine Art "Korn- und Gemüsekammer" Siziliens. Tomaten und Gurken können wir unter leichten Glashäusern erkennen, aber das ist bestimmt noch nicht alles. Über riesige Flächen und kilometerlang! Jetzt wissen wir, woher unsere italienischen Tomaten daheim stammen! Weiter nördlich von Gela wird die Gegend wieder interessanter. Leichte Berge, Hügel, bunte Wiesen, der Mohn ist allenthalben noch nicht verblüht, sieht toll aus.
 

Nach einer guten Stunde erreichen wir Piazza Armerina, ein Dörfchen mit einem schönen Dom über der Stadt. Aber wir wollen zunächst zur Villa Romana. Als erstes bekommen wir einen Schreck: Mindestens 30 Busse parken hier. Davor noch einmal doppelt so viele Autos. Gut, dass wir mit der RT wie immer die Pole-Position haben. Zwar diskutiere ich erst ein wenig mit dem recht gut deutsch sprechenden Parkwächter, aber schließlich haben wir doch ein gutes Plätzchen direkt vor dem Eingang. Nicht schlecht, was dieser Römer sich hat einfallen lassen. Vor allem die schiere Größe überrascht uns sehr. Die Villa Romana del Casale ist eine spätrömische Villa und ein wichtiges Denkmal des römischen Siziliens. Der Gebäudekomplex der Villa bedeckt etwa 1,5 Hektar. Es sind heute noch etwa 45 Räume erhalten. Die Reste der Villa lassen sich in vier aneinander angrenzende Bereiche verschiedener Orientierung einteilen. Die Anlage besteht heute aus:

  • einem monumentalem Eingangsbereich mit drei Bögen und einem mehreckigen Hof
  • einem zentralen Bereich mit Garten und Wasserbecken sowie einer Basilika
  • einem Komplex mit einem elliptischen Peristyl (rechteckiger Innenhof), den umgebenden Räumen und einem Triclinium (hölzernes Liegesofa)
  • einer Thermenanlage

Der Boden fast aller Räume des Anwesens ist mit farbigen Mosaiken bestückt, die insgesamt eine Fläche von rund 3.500 m² bedecken, mehr als in jedem anderen bekannten Gebäude des römischen Reichs. Die stilistischen Unterschiede zwischen den Mosaiken der verschiedenen Bereiche sind sehr gut sichtbar. Man hat anscheinend noch lange nicht alles gefunden! Es wird noch viel daran gearbeitet. Vom Bagger bis zum Säubern mit Pinzette, Wasser und Tüchlein.

Durch eine ähnliche Gegend wie auf dem Hinweg geht’s wieder zurück. Unterwegs gibt es etliche kleine Serpentinenstrecken. In Casuzze, einem Nachbardörfchen von Marina di Ragusa, besuchen wir noch kurz den dortigen Leuchtturm. Anschließend suchen wir uns ein kleines Restaurant, um den Tag gemütlich ausklingen zu lassen.
 

 

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