Toskana 4(8)

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Donnerstag, 16.06.05: San Gimignano und Volterra

Christina (unsere Hauswirtin) hatte uns gestern Abend versprochen, dass ab jetzt Sommer ist – und sie hatte recht: Blauer Himmel und kein Wölkchen. Das ist das richtige Wetter für San Gimignano: Das "Manhattan des Mittelalters". SG gilt als die Stadt der Türme. Seine Wahrzeichen sind die hoch in den Himmel ragenden "Geschlechtertürme" der Adelsfamilien, von denen bis heute 14 erhalten sind. Ursprünglich gab es mehr als 70 Türme.

Reicher, mächtiger, höher – beim Bauen ihrer Geschlechtertürme kannten die Adelsfamilien von SG keine Grenzen. Ursprünglich zur Verteidigung und als Schutz gebaut, wurden die Türme bald zum Statussymbol, denn der Turmbau war ein Vorrecht des Adels und an ein bestimmtes Vermögen gebunden. Nur die Reichsten durften Geschlechtertürme errichten. Die Familien wollten damit ihre Macht und ihren Reichtum demonstrieren. Als die in Zünften organisierten Kaufleute und Handwerker an die Macht kamen, schränkten sie den Bau dieser Geschlechtertürme ein, doch den einflussreichsten Familien gelang es weiterhin, Bewilligungen zur Errichtung von Türmen zu erhalten. Geschlechtertürme gab es übrigens auch in vielen anderen Städten der Toskana, aber SG war strategisch uninteressant, so dass es nur wenig umkämpft war und die Türme erhalten blieben.

Der Parkplatz kostet 2€ pro Stunde: Teuer, aber was wollen wir machen. Geradezu billig im Vergleich zum Cappuccino in Florenz. Wir machen einen sehr ausführlichen Spaziergang durch die mittelalterlichen Sträßchen, die uns in ihrer Art an einigen Stellen sogar an Pompeji erinnern: Grosse Steinquader oder wenigstens -platten, die in den Jahrhunderten rundgelaufen und -gefahren wurden. Nur die Kanalisationsdeckel sind neueren Datums.

Heute (nur heute?) ist im Stadtkern ein Markt aufgebaut, der die Piazza und manche Häuser gar nicht richtig zur Geltung kommen lässt, schade. Kommerz über alles. Interessant ist, dass sich auch hier – wie in Florenz – winzig kleine Busse (hier allerdings mit Verbrennungsmotor) durch die Menschenmassen quälen. Nachdem wir die wichtigsten Sträßchen abgelaufen sind, lassen wir uns in einem Café nieder und schauen eine ganze Weile dem Treiben zu.
 

 

 

Danach erinnern wir uns, dass man auch einen der Türme besteigen kann. Nach kurzem Suchen finden wir auch den Eingang. Der Preis von 5€ pro Person ist zwar happig, aber na gut. Eine in den Turm gebaute Treppe führt nach oben, bevor man die letzten Meter eine sehr enge Leiter emporklettern muss. Oben hat man einen sehr schönen Blick über die Stadt und das angrenzende Umland: Toskana pur – wie aus dem Bilderbuch!

Am Nachmittag geht es weiter nach Volterra. Es wirkt etwas größer als SG und ist auch touristisch nicht ganz so gestylt. Es scheint auch etwas "natürlicher" und auch nicht so kitschig wie SG. Die Piazza dei Priori ist laut Reiseführer der am besten erhaltenste Stadtkern des Mittelalters in Europa!!! Das mag schon so sein, aber die Preise sind wahrlich neuzeitlich: Für zwei Cappuccino und zwei kleine Gebäckteilchen bezahle ich 12€. Hier in Volterra mache ich wieder einmal die Erfahrung, dass man mit tiefergelegten Fahrzeugen echt aufpassen muss: Enge Gassen in den mittelalterlichen Städtchen, sogar neu und modern angelegte Parkplätze haben schiefe Ebenen, die je nach Frontschürze schon mal unpassierbar sind. Bisher war zum Glück immer soviel Platz, dass ich rückwärts an den anderen Autos vorbeifahren konnte.

Nachdem wir Volterra verlassen haben und schon auf dem nächsten Hügel unterwegs sind, entdecken wir mehrere schöne Zypressenalleen. Über Il Castagno, Gambassi und Castelfiorentino fahren wir gemütlich wieder heim.
 

Freitag, 17.06.05: Benedetto-Gebirge und Arezzo

Heute ist wieder fabelhaftes Wetter. Und da es gestern ganz schön heiß war, fahren wir heute ins Gebirge – in der Hoffnung, dass es dort etwas kühler ist. Wir wollen heute in das Naturschutzgebiet "Alpe di San Benedetto" im Nordosten von Florenz. Auch hier zeigt sich die Toskana in ihrer gewohnten und bekannten Form.

Dann geht's hinauf ins Gebirge. Bei San Godenzo biegen wir rechts ab. Hier geht es nun richtig in die Berge, der höchste hat 1.650 m. Eine Kurzpause auf 700 m, hier sind es mit 25 Grad tatsächlich 5 Grad kühler als unten im Tal. Auf der Passhöhe von 940 m sind es sogar nur 23 Grad. Im Schatten unter einem Baum genießen wir ein Weilchen die frische Luft. Dann fahren wir bis Premilcuore und erinnern uns daran, dass sich hier oben in den Bergen die Arno-Quelle befindet. Von dort fließt er erst südwärts nach Arezzo und windet sich anschließend nach Norden, um kurz vor Florenz nach Westen abzudrehen, durch Florenz und Pisa zu fließen, um dann im Mittelmeer zu münden. Eine längere Pause machen wir in Bagno di Romagna. Einen mitgebrachten Käsekuchen essen wir mit Hochgenuss, bevor wir in einem ganz gemütlichen, mit großen lackierten Holzwänden eingefassten Straßen-Café unseren obligatorischen Cappu einnehmen.

Nach einer guten Stunde geht es dann weiter. Wir wollen auf jeden Fall noch nach Arezzo, auch, wenn es heute spät wird. Aber ein Höhepunkt liegt nun noch vor uns: Der "Passo dei Mandrioli". Der ist echt super. Nicht nur landschaftlich erste Sahne, sondern auch straßenmäßig. Hier kann der Zetti mal wieder zeigen, was in ihm steckt.

In Arezzo kommen wir gerade recht. Einerseits zur rechten Uhrzeit und ebenso zum Befüllen unserer inzwischen klagenden Mägen. Einen akzeptablen Parkplatz zu finden ist allerdings etwas schwierig. Zeitgerecht kommen wir auch deshalb, weil gerade auf der Piazza Grande die Generalprobe (so sieht es jedenfalls aus) einer mittelalterlichen Bläserkapelle mit Fahnenträgern stattfindet.
 

Die Fahnenträger werfen ihre Fahnen hoch in die Luft und fangen sie sehr geschickt während des Laufens wieder auf. Anschließend genießen wir während eines sehr schönen Spaziergangs die 3.000jährige Geschichte der Stadt. Sie ist somit älter als Rom – und das will etwas heißen, nicht wahr? In einer winzig kleinen Gasse essen wir sehr gemütlich eine "Pizza dopia". Erstaunlich der Preis: 20€ für eine doppelte Pizza incl. Getränken – das ist bemerkenswert günstig.
 

 

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