In den Pyrenäen 3(7)

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Dienstag, 15.06.10: Burgen und Schluchten

Heute ist der Himmel komplett zugezogen. Dunkle Wolken ziehen vor dem Fenster her und drohen uns kräftigen Regen an. Da die Vorhersage keine Hoffnung auf Besserung macht, fahren wir heute mal mit dem Auto. Die beiden Burgen sowie zwei große Schluchten stehen auf dem Programm: Das "Chateau de Queribus" bei Cucugnan, das Chateau "Peyrepertuse" und die beiden Schluchten "Galamus" und "St. Georges".

Diese Sehenswürdigkeiten liegen allesamt in der Region "Languedoc-Roussillon", nördlich von Prades und gehören zum Département Nr. 66, "Pyrénées-Orientales", nur rund 60 km von Prades entfernt. Früher gehörte dieser Landstrich zu Katalonien (E). Die Katalanen riefen im 17. Jahrhundert die Franzosen um Hilfe, um die Unabhängigkeit von Spanien zu erreichen. Der Plan ging in zweifacher Hinsicht schief: Die Unabhängigkeit konnte nicht erreicht werden, und die Franzosen zogen nicht mehr ab! So ist das Land heute beides: Frankreich und Spanien, Katalonien eben! So ist auch die Sprache, das Katalanisch, die ursprüngliche Sprache dieser Gegend, heute natürlich zum größten Teil durch Französisch ersetzt, das alleinige Amtssprache ist, während Katalanisch etwa die Bedeutung des Plattdeutschen hat.

Ganz in der Nähe wurde übrigens schon 1971 der bisher älteste Mensch Europas ausgegraben: Der bei Tautavel gefundene und im Museum zu besichtigende menschliche Schädel ist sage und schreibe 450.000 Jahre alt. Nicht ganz so alt ist das Chateau de Queribus, eine der schönsten aller Katharerburgen. Sie liegt hoch oben auf einem Bergrücken, den man gut zu Fuß erlaufen, aber auch bis fast ganz oben mit dem Auto fahren kann. In der Zeit der Kreuzzüge fanden viele Katharer in dieser und in anderen Burgen ihre Zuflucht. Eine lange Treppe führt zur kühn auf einen Felsen gesetzten Burg hinauf. Von oben hat man einen phantastischen Blick in die Berge und zum Meer.

Die Katharer waren übrigens Anhänger einer christlichen Glaubensbewegung von ca. 1100 bis 1300 n.Chr. Sie lebten hauptsächlich in Südfrankreich und nannten sich selbst "die wahren Christen" oder gern auch mal die "guten Menschen". Im Zuge des Kreuzzuges wurden sie durch die Inquisition verfolgt und gnadenlos vernichtet. Das Wort "Katharer" machte sich die katholische Kirche später dadurch zu eigen,  dass sie den Begriff zu "Ketzer" abwandelte und für alle Abweichler vom Katholizismus benutzte.
 

 

 

Im Hinterland der Burg fahren wir weiter bis zur nächsten. Sehr einsame Straßen, nur Felder und ein paar Weidetiere. Die zweite Burg Peyrepertuse besichtigen wir wegen Nieselregens nicht zu Fuß. Außerdem finden wir 5€ (das kostet nämlich Queribus) nicht gerade billig, nur um einmal durch die alten Gewölbe und Burgruinen zu laufen.

Anschließend fahren wir weiter zur "Gorges des Galamus". Und als wenn Petrus uns was Gutes tun will: Plötzlich reißt der Himmel auf! Die Sonne kommt heraus und strahlt uns die Schlucht an, toll. Wir bedauern jetzt (!) zwar, nicht mit dem Motorrad unterwegs zu sein - denn man kann kaum irgendwo anhalten, so eng ist es. Aber es ist auch bei langsamer Durchfahrt eine faszinierende Landschaft.
 

Mittwoch, 16.06.10: Südwestroute über Ripoll

Heute ist die Südwest-Route dran. Nach dem Tanken sehen wir, dass der Gipfel des Canigou erstmalig seit unserer Ankunft frei ist. Nur ein paar Wölkchen am Rande stören ein wenig den grandiosen Blick. Eine gute Stunde braucht man von Prades nach Amélie-les-Bains-Palalda. Es geht über sehr kleine Sträßchen durch dichten Wald aus überwiegend Korkeichen, aber auch Olivenbäumen. Die Straßen hier auf etwa 700-800 m sind sehr rau, da tun mir meine Reifen leid..... Das Wetter ist gut, überwiegend weiße Wölkchen, mal auch eine graue Wolke dazwischen, die sich schnell wieder verkrümelt. In Amélie nehmen wir in einem Straßencafé einen doppelten Espresso, das belebt spürbar. Kurz nach 12 Uhr geht es weiter nach Ripoll. Eine Tropfsteinhöhle Gorges de la Fou liegt auf dem Weg, aber dafür haben wir leider nicht Zeit genug.

Interessant ist - ähnlich wie damals auf Korsika - die unterschiedliche und doppelte Schreibweise der Dörfer auf den Straßenschildern. Einmal französisch, einmal katalanisch. Und auf nicht wenigen der Schilder sind die nicht-katalanischen Namen einfach schwarz besprüht, so dass man sie nicht mehr lesen kann. So etwas haben wir seit Korsika nicht mehr gesehen. Auch in Spanien ist das übrigens nicht anders. Wir können diese "Unabhängigkeitsbestrebungen" im 21. Jahrhundert kaum nachvollziehen, lebt Europa doch zunehmend von seiner technischen und wirtschaftlichen Kompetenz und nicht mehr von Landbesitz wie im Mittelalter.

Die französisch-spanische Grenze ist vollkommen verlassen, der Anblick des Gebäudes ist eine Beleidigung für’s Auge. Hier gab es mal ein Restaurant – oder besser zwei: Links ein französisches, rechts ein spanisches! Heute ist beides vergittert und nur wenig ansehnlich. Das Dörfchen Mollo kurz hinter der Grenze ist ganz ansprechend, lieblich im Tal gelegen, mit viel Grün und direkt an einem Bergbach gelegen, der sich durch das Örtchen schlängelt.
 

 

Im Dörfchen Sant Joan de las Abadesses fällt uns eine markante Brücke auf. Hier machen wir ein kurzes Päuschen, essen und trinken etwas und machen ein paar Fotos. Ich liebe Brücken, haben sie doch etwas erhabenes und verbindendes gleichzeitig, außerdem überdauern sie oft viele Jahrhunderte. Die Stadt Ripoll ist ebenfalls sehenswert, auch, wenn die Innenstadt derzeit eine große Baustelle ist. Auf dem Rathausplatz hat ein Bistro seine Außenanlage aufgebaut. Hier genehmigen wir uns einen Teller Gyros, schmeckt wirklich sehr gut. 

Auf der Passhöhe des Collada de Toses treffen wir zwei deutsche Biker, die schon seit einer Woche unterwegs sind und die von den Straßen hier ebenfalls restlos begeistert sind. Allerdings hatten auch sie viel Pech mit dem Wetter. Und dass es in den nächsten Tagen besser werden soll, ist für sie nur ein schwacher Trost, weil auf sie nun die Heimfahrt wartet. Obwohl vom ADAC auf der Karte nicht einmal grün markiert, fahren wir eine faszinierende Straße. Extrem kurvig, super Oberfläche und so wenig Verkehr, dass uns ein Auto oder gar ein kleiner Stau hinter einem LKW nichts anzuhaben vermag. Die zwei haben wir nach drei Kurven bereits abgehängt. Von Puigcerda geht es dann nahtlos über die vielbefahrene Strecke zurück nach Prades.
 

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