Korsika 4(7)

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Donnerstag, 23.05.02:

Heute fahren wir als erstes zum Hafen von Porto und genehmigen uns einen kurzen Blick auf die Hafenanlagen (die sich auf einen Anleger beschränken) und Lokale, die rings um die natürliche Bucht angelegt sind. Nach kurzer Zeit beschließen wir, nach Evisa weiter zu fahren. Da fängt es plötzlich zu regnen an. Ein paar Tropfen nur, aber sie reichen aus, um meine RT komplett zu "versauen".

Der Regen muss hier an kleinen Staubkörnchen oder an Blütenstaub o. ä. kondensieren, ansonsten ist es unmöglich, dass nach 5 Tropfen ein solcher Dreck zusammenkommt. Die Autos sehen nach 3 Minuten aus wie bei uns nach 8 Wochen Straßenrand. Zugegeben, ich bin zwar sehr pingelig in solchen Sachen, aber bei einigen Hotels sehen wir sogar, wie die Hotelangestellten die Autos ihrer Gäste waschen. Und das will ja wohl was heißen!!! Erst 2 Tage später lernen wir von unserer Motel-Eigentümerin in Cargèse, dass der Dreck, der vom Regen auf die Straßen, Autos, Dächer, Gärten usw. befördert wird, vom Scirocco aus Nordafrika hierher getragen wird und dann abregnet. Das klingt sehr plausibel, denn auf der Ostseite der Insel gab es diesen Staub im Regen nicht.

Jedenfalls wird die Straße gar nicht nass, und wir können nach kurzer Zeit losfahren. Die Straße nach Evisa ist einmalig. Von den ersten Metern abgesehen hat sie eine prima Oberfläche, so dass man im 3. Gang, manchmal im 4. durch die Kurven schwingen kann. Es geht das Tal hinauf: Rechts den Berg, links der Blick in ein bewaldetes Tal . Es ist sehr felsig, hin und wieder hat man die Straße durch Felsblöcke gesprengt. Je höher wir kommen, um so bewölkter und kühler wird es.
 


Ein schönes Urlaubserlebnis:

Wir essen und trinken etwas und kommen zu dem Schluss, dass wir mal bis zur Passhöhe des Col de Vergio - das ist der höchste befahrbare Pass Korsikas (1.467 m), aber nicht der schönste, der kommt später - hinauffahren und dort entscheiden, ob wir weiter in die Berge hineinfahren. Gesagt - getan. Es dauert nicht lange, und nach ca. 10 min erreichen wir bereits den Gipfel. Oben ist echte "Suppe", sprich Nebel und nur noch 8 Grad.

Zwei augenscheinlich einsame Motorradfahrer stehen auf dem großen Platz und schauen uns interessiert hinterher. Nach kurzem Überlegen parken wir die RT unter dem "Col de Vergio"-Schild.

Als erstes gehe ich den beiden (ein Mann, eine Frau, jeweils mit BMW 650) entgegen und frage sie, von wo sie kommen, um mich nach den weiteren Wetterverhältnissen zu erkundigen. Sie kommen von der Westseite aus den Bergen und erhoffen sich auf der Ostseite besseres Wetter. Dann kommt von ihm die Frage: "Seid Ihr das erste Mal auf Korsika?" und die Rückfrage "Und Ihr?" Antwort: "Sechs Mal!". Ich äußere mich erstaunt und irgendwie kommt mir das Gesicht auch bekannt vor - wie auch immer, jedenfalls stellt sich heraus, dass hier der Autor meines Motorrad-Reiseführers Korsika, Alfred Müller, den ich kurz vor unserer Reise noch bei Wunderlich zufällig entdeckt hatte, vor mir steht, zusammen mit seiner Partnerin Luka Graf.

Jetzt war natürlich Gesprächsstoff da! "Wo wart ihr schon?" - "Wie lange fahrt Ihr?" - "Du fährst mit offener Jacke, ist es wirklich so warm da unten?" usw. usw. Derweil ziehen die Wolkenschwaden langsam über die Parkplatzebene hinweg und lassen uns die Kälte auch ein wenig spüren. Wir machen noch ein Foto unter dem Passhöhenschild und verabreden dann einen Cafe au lait in Evisa. Bei einem warmen Kaffee geht der Erfahrungsaustausch weiter. Allerdings in einem 90-10-Verhältnis von ihm zu uns. Er ist freier Journalist und verfasst Reisebücher für Motorradfahrer. Heute sind sie mit dem Zelt unterwegs und wollen einige Dinge für die Neuauflage des Büchleins recherchieren. Und so vergeht der Nachmittag im Fluge. Wir haben uns toll unterhalten, nicht nur über Korsika, sondern auch über Digitalkameras, Homepages u.ä. Aber schließlich ist es bereits 4 Uhr und wir verabschieden uns. Allerdings nicht, ohne die feste Absicht, in Kontakt zu bleiben.

Nach dieser überaus interessanten und kurzweiligen Erfahrung fahren wir nun über die D70 nach Cargèse. Leider kann sie es an Schönheit überhaupt nicht mit der D84 von Porto nach Evisa aufnehmen. Hier in Cargèse bleiben wir 2 Tage.
 

Freitag, 24.05.02: Les Calanche

Von Cargèse sind es nur gut 20 min bis zu den Calanche. Diese Straße rund 500 m hoch über dem Meer inmitten der roten Felsen ist wirklich atemberaubend. Landschaftlich grandios und überwältigend. Wir beschließen, die Straße entlang zu gehen und das Motorrad immer ein Stückchen hinterher zu holen. Das geht prima. Für die RT ist fast an jedem Felsen noch Platz.

Zu unserer großen Überraschung ist nach nicht einmal 2 km schon Schluss mit dieser schönen Landschaft. Am nördlichen Ende gibt es noch den "Tête du Chien" (Kopf des Hundes), von wo ein "30 min währender Spaziergang" angekündigt wird, der sich aber sehr lohnt! Man wird nach gut 20 min von einem großen Plateau erwartet, das einem einen großartigen Blick rückwärts auf die Felsen und die Straße und vorwärts auf das offene Meer gewährt.

Auf jeden Fall lohnt es sich morgens und abends einmal hindurch zu fahren, weil das Sonnenlicht doch sehr unterschiedlich mit den Felsformationen umgeht. Einige der Felsen erinnern uns ein wenig an den Bryce-Canyon oder den Arches National Park in den USA im letzten Jahr.

Die Calanche diente in den 60er Jahren als Kulisse für einige Piratenfilme, die in der Karibik spielten (mangels Budget konnten die Filmteams allerdings nur in Europa drehen; aus dem gleichen Grund übrigens, warum auch die Winnetou-Filme in Kroatien gedreht wurden). Insbesondere unsere Wanderung zum "Chateau", am "Tête du Chien" vorbei, deckt den halben Film der bekannten Serie "Die Schatzinsel" ab.

Diese und ein paar andere Insider-Informationen verdanke ich Christoph Berg, dem Eigner der Site www.bike-and-smile.de

 

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