Andalusien 6(7)

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Samstag, 18.06.2011: Alhambra, die Residenz der maurischen Könige

Die Alhambra ist eine "Stadt" in unmittelbarer Nähe von Granada. Sie gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke des Islam und wurde nach den Eroberungen großer Teile Spaniens durch die Mauren im 13. und 14. Jahrhundert gebaut. Heute ist es eine der am meisten besuchten Touristenattraktionen in Europa und seit 1984 Weltkulturerbe.

Aber Achtung: Man kann nicht einfach hinfahren und erwarten, dass man hineinkommt. Wir haben drei Tage vor unserem Besuch per Internet zwei Karten gebucht und uns dann einer der vielen Gruppen mit deutschsprachiger Führung angeschlossen. Das ist wirklich sehr hilfreich, denn man erfährt eine Menge Details über dieses Riesenbauwerk, seine Bewohner und seine Zeit.

Die wichtigsten Bestandteile der Festungsanlage sind: Die Alcazaba (eine Art Zitadelle) mit den Verteidigungsanlagen, die Nasridenpaläste, der Palast Karls V. und die Palaststadt, in der sich neben islamischen auch zwei christliche Kirchen befinden. Damals scheint das ganz gut geklappt zu haben mit der Integration. Die Details zu den einzelnen Anlagen führen wir hier nicht aus. Wir beschränken uns auf ein paar wesentliche Aussagen aus unserer Führung.
 



Führung durch die Alhambra

Hier sind ein paar interessante "Splitter", die haften geblieben sind aus dem zwei Stunden-Vortrag unserer spanischen Führerin:

  • Der Begriff "Granada" stammt tatsächlich vom Granatapfel.
  • Und "Alhambra" ist natürlich auch arabisch und bedeutet: Rote Festung oder rotes Schloss. So wurde es von der damaligen Bevölkerung hier genannt. Wegen des leicht rötlichen Sandsteins in dieser Gegend.
  • Die Alhambra ist die Realität gewordene Vorstellung des Sultans vom Paradies, das aus Garten, Wasser und Himmel besteht.
  • Die Anlagen seien nicht von Menschen, sondern vom großen "Baumeister und Architekten" geschaffen, also Allah.
  • 8000 Personen täglich, das sind ca. 600 Personen pro Stunde, bekommen Einlass in die Alhambra. Es ist das meistbesuchte Monument in Spanien.
  • Im Koran sei das Paradies beschrieben wie ein Garten mit Wasser und Vegetation. Hier hätten sich die Herrschenden genau das geschaffen, ein Paradies! Dafür aber mit allen irdischen Freuden und Annehmlichkeiten. Für die Kalifen war's ein Paradies, soviel steht jedenfalls fest.
  • Die Mauren kamen quasi aus der Wüste und fanden hier Wasser, Bäume und Gärten. Das fließende Schneewasser wird morgens und abends ein- bzw. wieder ausgestellt, um nichts vom kostbaren Nass zu verschwenden!
  • Der Garten hatte eine Doppelfunktion: Er war einerseits Erholungsort für den Sultan, aber gleichzeitig auch Nutzgarten, incl. Vieh und Geflügel. Natürlich nur für den Sultan und seine Familie.
  • In der Alhambra hielten sich etwa 3.000 bis 4.000 Menschen ständig auf. Es war eine richtige kleine "Medina" - eine Stadt.
  • Die Springbrunnen, die an vielen Orten zu sehen sind, sind keine Originale, sondern sind erst in späteren Jahrhunderten entstanden. Das Paradies des Islam kennt nur stehende Gewässer. "Springbrunnen sind nichts für die meditierenden Moslems", so das Originalzitat unserer Führerin.
  • Der niemals bewohnte Komplex des Palastes Karls V. wurde von Herbert von Karajan seit 1951 als Konzertkulisse genutzt, die einzige Nutzung überhaupt bis heute. Im Jahre 2011 also zum 60. Mal.
  • Und weil die Mauren als Nomaden den Sternenhimmel über sich gewohnt waren, mussten hier an jeder Gebäudedecke ebenfalls Sterne vorhanden sein. Das erklärt die vielen Sternenmuster in all diesen Gebäuden.
  • Es gibt ein Hotel hier in der Anlage, an dem wir auch auf unserem Spaziergang vorbei gekommen sind. Es ist 1 Jahr im voraus ausgebucht. Viele Japaner kommen hierher, um zu heiraten.
  • Sogar die Habsburger, eine der großen europäischen Adelsdynastien, hinterließen hier ihre Machtsymbole: Der Adler, der den Ring hält.
  • Der maurische Palast ist nicht verziert, die Moslems wollten nicht nach außen beneidenswert erscheinen.
  • Das Tadsch Mahal mit dem Spiegelsee ist eine Kopie des "Sees" des Myrtenhofs.
  • Wir besuchen auch den Raum, in dem Kolumbus von Königin Isabella von Kastilien das OK für seine Reise, den Seeweg nach Indien, bekam.
  • Interessant ist auch folgende Geschichte: Zur musikalischen Untermalung des Sultans beim Bade mit seinen Konkubinen beschäftigte selbiger eine Gruppe blinder Musiker. Und die ca. 90 Kinder, die hier im Durchschnitt durch den Palast des Sultans fegten, sind garantiert nicht von den Musikern - denn die waren selbstverständlich kastriert.
     

Eine Anmerkung

Wäre es nur ein Beispiel gewesen, es wäre uns vermutlich gar nicht aufgefallen. Aber bei so vielen konkreten und unabhängigen Vorkommnissen kommt doch der leise Verdacht auf, dass Spanien (genau wie Portugal!) noch sehr seiner längst vergangenen Großmachtstellung aus dem Mittelalter nachhängt:

  • Die Art der Formulierungen an diversen Gebäuden und Sehenswürdigkeiten.
  • Die kurzen Ausführungen des Spaniers Francisco in Ronda.
  • Der Vortrag der Alhambra-Führerin.
  • In Sagres, Portugal, auf der Südspitze Europas, steht eine große Erdkugel mit einer extrem pathetischen Inschrift. Unter anderem heißt es dort: "The endless journey of portuguese diaspora."
  • Die Ausführungen im Kolumbus-Museum...
  • ... und an etlichen weiteren Stellen bzw. Gelegenheiten.

  

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