Andalusien 5(7)

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Dienstag, 14.06.2011: Sierra Nevada

Heute ist wieder Motorradfahren angesagt. Und in Erinnerung an ein vor vielen Jahren geführtes Gespräch mit einem Biker in den Alpen, der über die Sierra so geschwärmt hat und ganz besonders über den 3.500m hohen Pass, wollen wir heute genau diesen Pass finden!

Zunächst fahren wir um Málaga herum die Autobahn, um die Großstadt schnell hinter uns zu lassen. Dann geht es gemütlich an der Küste entlang nach Osten. Eine wirklich traumhafte Kulisse! Dazu Sonne, 20° warm, also geradezu ideal zum Motorradfahren. Das erste Ziel ist Nerja. Ein sehr schönes, ebenfalls weißes Dörfchen mit sehr vielen kleinen Gässchen und Wegen. Ein paar km und Dörfchen weiter, in La Herradura, finden wir direkt am gerade öffnenden Strand ein kleines Straßen-Cafe. Es wird gerade für uns gedeckt. Man kredenzt uns einen hervorragenden Cappuccino! Hier lässt es sich aushalten!
 


Um 12:30 Uhr erreichen wir Orgiva, das ist quasi der letzte etwas größere Ort am Fuße der Sierra. Inzwischen ist das Thermometer bereits auf 30° geklettert, und wir sind sehr froh, hier auf dem Marktplatz unter einem Sonnenschutz die mitgebrachten Brötchen zu essen und eine (mit einer kleinen Kühltasche erstaunlich kühl gehaltene) Cola zu trinken. Dann geht es hinauf in die Berge.

Zahllose winzige, aber herausragend schick und sauber aussehende Mini-Dörfchen ziehen an uns vorbei. Aber langsam wird unsere Straße immer schlechter. Auch die schon vermutete Schotterstrecke lässt nicht allzu lange auf sich warten. Aber die große Überraschung - um nicht zu sagen - Enttäuschung folgt ein paar Minuten später: Ende Gelände! An einer rot-weiß-gestreiften Schranke auf 2.200 m Höhe ist endgültig Schluss! Auf einer Art Wanderparkplatz stehen drei Autos - das war's! Ob dieser Pass jemals öffentlich war, erfahren wir heute nicht mehr. Na gut, wir müssen zurück! Dann eben anders herum. Es dauert fast eine Stunde, bis dass wir in einem großen Bogen um das Gebirgsmassiv herum den Pass von Norden her anfahren können. Hier befindet sich ein großes Skigebiet, weshalb sich auch die Straße in einem Top-Zustand befindet und ganz oben auf einem Parkplatz mit etlichen kleinen Souvenir-Hütten endet. Schade, von dieser Region hatte ich mehr erwartet.
 

Mittwoch, 15.06.2011: Marbella

Marbella ist wirklich ein süßes Städtchen. Vor ein paar Tagen, auf dem Weg nach Gibraltar, hatten wir schon einen ersten kurzen Eindruck. Das hat uns so gut gefallen, dass wir heute gleich einen ganzen Tag investieren. Die Strandpromenade ist der "Croissette" in Nizza ähnlich, allerdings ohne Autos. Bei den Preisen sind die Ähnlichkeiten aber gleich wieder spürbar: Ein (zugegebenermaßen guter italienischer) Cappuccino kostet hier satte 3,45 €.

Ein echter "Chill-Tag" - wie unsere Kids sagen würden!
 


Donnerstag, 16.06.2011: Caminito del Rey

Irgendwann bei der Vorbereitung dieser Reise ist mir der Begriff "Camino del Rey" über den Weg gelaufen. Und als ich dann noch dieses Video sah, stand fest: Das muss ich sehen! Wenn auch nicht von oben, dann zumindest von unten! Zumal es nur rund 50 km von unserer Ferienwohnung entfernt ist.

Also suchen wir uns eine schöne Bergstrecke heraus und fahren über Umwege in die Schlucht "El Chorro", an deren extrem steilen Felswänden und Schluchten sich dieser kleine "Weg" befindet: Der Caminito del Rey. "Caminito" ist eine Verniedlichung von "Camino", dem spanischen Wort für "Weg". Caminito bedeutet also etwa "Wegchen" oder "Weglein". So ähnlich muss man ihn sich auch vorstellen, wie obiges Video zeigt. Der Caminito del Rey ist einer der gefährlichsten Kletterpartien der Welt und in einem unglaublich schlechten Zustand. Das kann man sogar schon auf unserem Video ganz gut erkennen. Auch folgendes Panorama ist echt sehenswert.

In 2014 wurde der Weg übrigens von der andalusischen Regionalregierung mit 2,5 Mio. € restauriert. Allerdings gibt es kein freies Klettern mehr! Man muss sich anmelden, und man klettert in Gruppen. Aber dafür ist es legal. Es gibt seitdem auch eine neue Internet-Präsenz, die über den Caminito berichtet und über die man sich anmelden kann. Hier ist auch noch ein Pressebericht aus dem Stern.
 


Freitag, 17.06.2011: Motorradtour

Heute morgen bin ich bereits sehr früh unterwegs, um eine größere Motorradrunde allein zu fahren. Sie führt mich ins Hinterland zwischen Málaga und Gibraltar. Die meisten Dörfchen, die ich durchfahre, sind sehr schön herausgeputzt. Die Straßen sind überwiegend gut bis sehr gut. Kurven gibt es ohne Ende, so dass ich diese Region uneingeschränkt und nicht übertrieben als Motorrad-Eldorado bezeichnen kann. Auf den kleineren Straßen ist auch die spanische "Tempolimit-Inquisition" nicht ganz so ausgeprägt wie auf den großen, gut ausgebauten Landstraßen.
  


Das liebe ich: Kontakt und Gespräche mit Einheimischen

Auf meiner heutigen Halbtagestour mit dem Motorrad durch die Berge komme ich ein zweites Mal nach Ronda. Das Bike direkt am Rande des Marktplatzes und gegenüber der Stierkampfarena abgestellt, genieße ich das Touristentreiben und meine Cola. Da spricht mich plötzlich ein Einheimischer an. In gebrochenem Deutsch stellt er sich als "Francisco" vor und fragt mich, woher ich denn komme! Natürlich kennt er Köln! Und dann berichtet er mir ausführlich von seinen 20 Jahren Arbeit bei Opel in Bochum. Und dass er im letzten Jahr wieder heimgekommen sei. Heute verdinge er sich in seiner Geburtsstadt Ronda als Touristenführer für Spanier, Russen und Deutsche. Dann bewundert er das Motorrad und erfragt alle möglichen technischen Details.

Danach gerät er vollends ins Schwärmen: Die deutsche Arbeitsmoral, vor allem die Organisation der Arbeit, das Pflichtbewusstsein, die Ordnung, die überall herrsche. Und was in Deutschland nicht alles möglich sei!!! Dann fährt er wörtlich fort: "Deutsche bauen Autos, bauen Motorräder, bauen einfach alles! Wir Spanier bauen gar nichts, haben ein tolles Land, haben Kolumbus, aber machen nur ein bisschen Olé und Stierkampf! Ansonsten ist alles Manjana, manjana" (das spanische Wort für "Morgen"). Genau so hat er es gesagt. Und es geht noch weiter: Wenn hier in Spanien auch nur ein Bruchteil der Arbeitsmoral aufgebracht werden würde wie in Deutschland - so fährt er fort - , dann ginge es den Spaniern besser! Was er dann noch über die spanischen Politiker sagt, schreibe ich hier lieber nicht auf. Nur so viel: Es ist wenig schmeichelhaft...

Wenn an dieser Einzelmeinung auch nur - sagen wir - 50% wahr ist und von vielen Spaniern ebenso gesehen wird, dann wundert es mich überhaupt nicht, dass es Spanien so schlecht geht. Eine gute halbe Stunde unterhalte ich mich mit Francesco, es ist wirklich ein Genuss! Er wünscht mir noch "Gute Fahrt!", ich ihm "Alles Gute!", dann drehe ich meine Runde zu Ende.
 

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