RT-Tour de France Alpes 4(4)

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Dienstag, 23.07.02: Col de la Madelaine und Großer St. Bernhard

Unsere heutige Etappe (wir sind nun ganz auf die Tour de France eingestellt) führt uns auf den sehr schönen Col de la Madelaine. Selbst der Zubringer zwischen St. Jean-de-Maurienne und La Chambre ist ein landschaftlicher Hochgenuss: Wilde Felsformationen wechseln mit hohen Tannen ab, dann wieder "naturbelassene" Tunnel, die aufgrund ihrer Natürlichkeit besonders reizvoll sind und in denen aus diesem Grund wahre Regenströme von der Decke fallen. Kurz: Diese Strecke würde ich auch beim zweiten Mal genauso fahren.

Bei der Auffahrt zur Madelaine säumen Hunderte von Wohnmobilen, aber auch PKW und Camper den Straßenrand bis hinauf zur Passhöhe. Fast fühlt man sich, als gehöre man zum Tour-de-France-Tross. Nicht schlecht, das Gefühl. Die Fahrt ist fast wie eine Landstraße: Bäume, Wiesen, Tiere und die entsprechenden Hinterlassenschaften (da frage ich mich mal wieder, was man den Tour-de-France-Fahrern noch alles so zumutet...). Auch hier sind wieder viele Bitumenstreifen auf der Straße, die das Hinterrad oft versetzen lassen. Trotzdem ist der Madelaine echt gut! Für Radfahrer muss er eine schier brutale Anstrengung sein. Er ist als Berg der obersten Kategorie auch für die Radprofis noch immer eine echte Herausforderung. Auf diesen Strecken gewann Lance Armstrong jahrelang unangefochten die Tour de France - bis sich herausstellte, dass er gedopt war und damit betrogen hat.

Da wir unserer Planung bereits 150 km voraus sind und alle geplanten Höhepunkte bereits hinter uns liegen, suchen wir nun seit einiger Zeit nach einer Alternativroute für den restlichen Tag. Und die ist relativ schnell gefunden: Der Große St. Bernhard. Harald lobt ihn sehr, da er ihn schon mal mit dem Auto gefahren ist. Und so machen wir uns auf den Weg: Also nicht nach Albertville, sondern über Moûtiers und Bourg- St.-Maurice nochmals zum Kleinen St. Bernhard und dann ins Aosta-Tal. In Zahlen heißt das: Um 11 Uhr sind wir am Madelaine-Sattel. 63 km und 1 Stunde später sind wir in Bourg. Bereits um 12:30 Uhr sind wir wieder am Denkmal des Bernhard. Bis hier her sind es knapp 100 km. Das ging schneller als gedacht! Hier in der frischen Luft brauchen wir ein kleines Päuschen, nachdem uns die Temperaturen von rund 35 Grad in den Tälern echt zugesetzt haben. Das in Bourg gekaufte Baguette mit frischem Käse und Kochschinken schmeckt hervorragend. Derweil plauschen wir mit einer Gruppe österreichischer Motorradfahrer, die auf dem Heimweg über die Walliser Alpen zurück nach Hause sind.
 


 

Der erste Teilabschnitt des nun folgenden Aosta-Tals ist, von einer beeindruckenden Autobahnbrücke und einer Burg hoch über Avise abgesehen, nicht besonders herausragend. In Aosta muss man ein wenig der Intuition folgen, um den Pass zu finden, der zu Beginn nicht so ganz klar beschildert ist. Und wenn man ihn gefunden hat, wird der Gasdrang zunächst auch kräftig von 30-40-Tonnern gehemmt, die sich hier auf den Weg zum Bernhard-Tunnel machen. Zum Glück ist die Straße dann teilweise zweispurig. Der folgende Aufstieg zum Großen St. Bernhard hat mich gleich an mehreren Stellen an den Großglockner aus dem letzten Jahr erinnert. Er ist ähnlich hoch (mit 2470 m ist er allerdings 100 m kleiner) und sieht auch unterwegs ganz ähnlich aus. Er ist wie in 2001 der Großglockner noch einmal ein echtes Highlight am letzten Tag.

Vom Sattel des Madelaine bis zum Sattel des Großen St. Bernhard sind es 185 km, für die wir (hier ohne Pausen gerechnet) ca. 3 Stunden gebraucht haben. Der Weg über Martigny nach Chamonix ringt uns noch einmal in 1,5 Stunden ca. 85 km ab. Hier im Schatten des Mont Blanc, den wir nun ein paar km später echt umrundet haben, machen wir unsere letzte Pause. Ein Riesen-Stau aus Chamonix hinaus hält nur die Autofahrer auf, aber nicht uns, und so sind wir gegen 19 Uhr und nach 40 km Autobahn für 2 € wieder an unserem "geliebten" F1-Hotel. Das waren anstrengende 404 km heute, trotzdem (oder gerade deshalb) fühlen wir uns wie Bergsteiger nach einer erfolgreichen Bergbesteigung.

Wir haben die höchsten Straßen Europas befahren, viele interessante und freundliche Menschen kennen gelernt, Landschaften gesehen, die Ihresgleichen suchen und jede Menge Motorradfahrspaß gehabt. Ich weiß nicht, wie ich das im nächsten Jahr noch toppen kann!?

Hat jemand eine Idee?

HerbeRT
im August 2002
 

 

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