Dolomiten 2(3)

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FR 20.07.01

Am nächsten Morgen regnet es in Strömen! Ohne aus dem Fenster zu schauen, bekommen wir mit, dass es mit dem Wetter nicht zum Besten steht. Außerdem sehen die Bergspitzen so komisch weiß aus... 

Auch nach dem Frühstück regnet es noch lange, so dass wir die Zeit erst mal mit belanglosen Dingen totschlagen. Außerdem treffen wir 2 Mädels, die schon seit einer Woche mit ihren Viragos unterwegs sind und unterhalten uns nett.

Erst gegen Mittag hört der Regen auf. Ohne längere Diskussion entscheiden wir, dass wir die vorgesehene Route noch zumindest anbrechen wollen. Bei feuchter Straße starten wir und fahren den zweiten Teil der Sella-Runde: Zuerst das Pordoi-Joch. Dann das Sella-Joch. Beide sind klasse!

Als wir zum ersten Mal auf ca. 2000 m ankommen, liegt hier Schnee am Straßenrand und weiter oben sogar auf der Straße. Nicht gerade einladend. Wir machen je eine kurze Fotosession und setzen unsere Tour fort.
  

 

Sowohl Kastelruth als auch die Seiser Alm (selbst, wenn die Straße da hoch ganz gut war) kann man getrost vergessen! Etwas zu kommerziell für meinen Geschmack. Dafür lohnt sich die Weiterfahrt von Seis über Völs bis ins Tierser Tal um so mehr. Sehr eng, super Kurvenstrecke, hervorragend griffiger Straßenbelag. Da hätte ich umdrehen können, um das ganze nochmal zu fahren.

Im Gegensatz zu Kastelruth hat mir da das kleine St. Cyprian schon viel besser gefallen. Leider ist der Tag schon zu weit fortgeschritten, so dass wir zügig weiterfahren. Zuerst über den Nigerpass. Ganz nett, aber nicht wirklich spannend. An einer Stelle ist mir dann die RT ganz schön weggerutscht: Ich fahre in einer Kurve über eine Reihe eiserner und nasser (!) Stangen quer zur Fahrtrichtung, die verhindern sollen, dass Kühe und Wild eine bestimmte Region verlassen (keine Ahnung, wie man die nennt). Das war knapp. Seitdem habe ich ich höllischen Respekt vor den Dingern.

Ganz schön war dagegen der Karersee. Eingebettet zwischen Wald und hohen Felsen liegt der smaragdgrüne See sehr idyllisch in einer Talsenke. Er erinnert mich ein wenig an andere Seen wie den Königsee in Berchtesgaden oder die Plitwitzer Seen in Kroatien. Leider kannten noch eine Menge anderer Leute dieses schöne Fleckchen Erde ebenfalls, so dass auch hier der Kommerz regiert.

Aber noch mehr als der Karersee überzeugt mich der kleine Abstecher ins Eggental (SS 241). Das ist nun wirklich faszinierend: Ein Gebirgsbach direkt neben der Straße, imposante Felsformationen in rotem Stein mal rechts, mal links, mal auf beiden Seiten der Straße. Zum Teil weit über die Straße überhängende Felswände, kleine Tunnel und vor uns ein Reisebus, der Mühe hat, überhaupt die Straße ohne anzuecken zu nehmen. Zum Teil müssen entgegenkommende Autos zurücksetzen, um dem Bus Platz zu machen. Als wir den dann "kassiert" haben, ist endlich freie Bahn zum Fahren. Und unten angekommen, sind wir die Strecke gleich noch einmal zurückgefahren. Schlicht grandios! Das sollte man, ist man einmal hier in der Nähe, auf keinen Fall verpassen.

Danach geht es auf der planmäßigen Route weiter über den Karerpass und das Fassatal nach Canazei, ein Urlaubsort wie die schon genannten im Grödnertal, no comment. Als wir dann das Pordoi-Joch wieder in flotten Schwüngen erklimmen, keimt zum ersten Mal der Gedanke, ob dieser Teil nicht der schönste der ganzen Sella-Runde ist.

So haben wir diesen ersten Tag trotz des total verregneten Vormittags zwar weitgehend ohne Sonne, aber auch ohne nasse Straße, und das ist ja auch schon was. Und da für den ersten Tag nach der Anreise nur ca. 150 km geplant waren, war das auch in einem halben Tag ganz gut zu schaffen.
 

SA 21.07.01

Am nächsten Morgen traue ich meinen Augen nicht: Ein Blick durch das Fenster signalisiert blauen Himmel, nicht einmal ein weißes Wölkchen ist zu sehen. Das hält, was das Internet am Abend vorher versprochen hat, nämlich kein Wölkchen über den Dolomiten, mit einem Wort: Kaiserwetter.

Die Route des dritten Tages führt uns zunächst wieder einmal (nun kennen wir ihn langsam) über das Pordoijoch nach Canazei. Dort biegen wir links ab zum Fedáiapass. Die Straße führt direkt am Fuße des Marmolada vorbei, der sich majestätisch auf der rechten Seite erhebt. Am Fedáia-See machen wir ein paar Fotos, bevor es weitergeht nach Alleghe. Dort, in der Sonne sitzend, wird's zum ersten Mal richtig heiß. Die Strecke ist sehr leicht zu fahren, und obwohl es Samstag ist, ist die Hauptstraße nicht besonders frequentiert.

Bei Cencenighe verlassen wir wieder die Hauptstraße und fahren den Passo di Valles, den Rolle- und den Cereda-Pass. Anders als in der Umgebung der Sella-Gruppe überwiegt hier Wald, so dass die Fahrt auf dieser Etappe zwar ansprechend und nicht langweilig ist, aber andererseits auch keine spektakulären Abschnitte. Besonders das letzte Stück bis Agordo führt uns überwiegend durch dichte Wälder und zum Teil sehr, enge Sträßchen. Kleines Mysterium am Rande: Als wir unten ankommen, zeigt das große Schild den Pass als "Gesperrt"! Was immer das für einen Sinn hat.
 


 

Hier sind wir dann auf ein paar echte Cracks getroffen. Sehr schnell und Schräglage bis zum Abwinken. Einer von Ihnen war selbst für Thomas zu schnell. Nach zwei Kurven war er "weg". Aber der Punkt ist: Das war Kurventechnik vom Feinsten! Bei den Jungs habe ich mir abgeschaut, wie man scharfe Kurven und Kehren professionell fährt:

  • Man schaut nicht in die Kehre, nicht auf den Scheitelpunkt der Kurve, sondern weit in Richtung der Straße hinter der Kehre (Kurvenhorizont); beim Anbremsen sieht das so aus, als blicke man sich um.
  • Es gibt nicht DIE Ideallinie, sie hängt vor allem von der Geschwindigkeit ab (auch Rennen werden in den schnellen Kurven gewonnen, nicht in den langsamen)
  • Also: Keinen Halbkreisbogen fahren, sondern...
  • ...möglichst lange außen bleiben, spät einlenken in den Kehren, d.h. spätes Bremsen, dafür aber aber auf eine etwas geringere speed herunterbremsen.
  • Dadurch wandert der Scheitelpunkt (wo man den inneren Straßenrand berührt) zum Kurvenausgang.
  • Das wiederum heißt: Die Kurve öffnet sich und man kann schneller heraus beschleunigen.
  • Zweiter Pluspunkt dieser Technik: Durch die flachere Linie im Kurvenausgang hat man größere Sicherheitsreserven (vor allem wegen des Gegenverkehrs in der Rechtskurve).

Diese Biker hatten die Technik in Perfektion drauf!!! Besser als jedes Motorrad-Training! Das habe ich hier gelernt. Es war ein Genuss, hinterher zu fahren. Und immerhin: Zwar hinterhergefahren, aber die RT kann dieses Tempo allemal mitgehen.

Sowohl der Duran als auch der Staulanza-Pass ist sehr leicht zu fahren und ebenfalls nicht gerade hochgradig eindrucksvoll. Ganz anders die sehr schön gelegene "Aussichtsplattform" Colle Santa Luci. Hier kann man gleich in mehrere Täler hineinschauen, und unmittelbar vor uns fällt das Gelände um schätzungsweise 1000 m ziemlich steil ab. Leider habe ich an dieser Stelle vor lauter Faszination vergessen, dass meine Fahrplanung hier den Falzarego-Pass vorsah: Einmal rauf und wieder hinunter. Daran habe ich leider nicht gedacht, so dass dieser Pass als "Kerbe im Reifen" leider fehlt. Von hier nach Arabba ist es nur noch ein Katzensprung. Da das Wetter immer noch phantastisch ist und die Zeit noch nicht allzu fortgeschritten, entschließe ich mich, die Sella-Runde noch einmal "an einem Stück" zu fahren. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellt, da das Licht zu dieser Tageszeit sehr beeindruckende Farben auf die Berge wirft.

Und noch eines ist jetzt klar: Meine "Nr. 1" in der Sella-Runde ist der Pordoi von West nach Ost, gefolgt vom Sella aus nördlicher Richtung und dann der Grödner und Campolongo gleichberechtigt auf Platz 3.
 

 

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