Mittwoch 17.02.2016: Modernes Dubai
Der erste Weg führt uns heute Morgen in die
Dubai
Mall. Ein solches Einkaufszentrum ist natürlich inzwischen längst nichts
Besonderes mehr. Als wir Ende der 80er Jahre nach Hamburg zogen, gab es in
Poppenbüttel und Wandsbek bereits "Malls", nur hießen sie damals
nicht so. Aber was hier verblüfft, ist vor allem die schiere Größe: Der
größte Gold-Souk der Welt ist hier zu besuchen. Und seine Vielfältigkeit: Es
gibt ein Multiplex-Kino, ungezählte Springbrunnen, eine 24m hohe
Wasserkaskade mit Skulpturen und natürlich Geschäfte aller Art. Das Shopping
ist sehr teuer hier! Ein halber Liter Wasser ist teurer als 1 Liter
Benzin.
Aber auch seine - sagen wir mal - Verschwendung verblüfft.
Dass es ein drei Stockwerke verbindendes Aquarium gibt, mag ja noch
verständlich sein. "Kaufen" ist heute "Erlebniskaufen", dagegen ist nichts
einzuwenden! Aber muss es eine Eisbahn bei 40° Celsius Außentemperatur sein?
In dieser Woche, also KW45 des Jahres 2016, trifft sich die Welt in
Marrakesch, um den Treibhausgasausstoß der Weltgemeinschaft zu verringern.
Und hier gibt es einen Kleinstaat mit Sonnenenergie in Hülle und Fülle, und dieser
Staat verbrennt sein Öl, um ein Eisstadion und eine Skihalle in die
Wüste zu stellen! Das macht schon sehr nachdenklich!
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Wenn man nach dem Shopping einen der Südausgänge benutzt, steht man
unvermittelt vor dem (derzeit) höchsten Gebäude der Welt, dem
Burj
Khalifa. Ob sich eine Auffahrt für 150 € pro Person lohnt? Vermutlich
kostet die Auffahrt 10€ und der Sekt, den man oben gereicht bekommt, 140€.
;-) Wir haben es jedenfalls vorgezogen, die Umgebung unten zu erkunden. Übrigens
wurden die Kosten des Gebäudes allein durch den Betrieb der Aufzüge schon
wieder eingespielt. Womit wir sagen wollen: Eine Aufzugsfahrt sollte man
also besser vorher buchen!
Was sich aber auf jeden Fall lohnt, ist der Besuch der allabendlichen
dreifachen Wasser-Festspiele namens "Dubai Fountain". Wer schon mal in Las
Vegas war und die "Bellagio Fountains" gesehen hat, der weiß schon, was
kommt. In drei Durchgängen à 10 min mit zweimal orientalischer und einmal
westlicher Musik (bei uns war es "La vie en Rose" mit Edith Piaf) gibt es
anmutige Wasser-Choreografien und -Spiele. Das war wirklich großartig vor
dieser Kulisse. Allerdings
fanden wir damals die Bellagio-Interpretation deutlich besser - und das war
in 2001.
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Das Hotel Atlantis, Madinat Jumeirah und Dubai Marina
Das
Atlantis liegt auf der am weitesten im Meer liegenden Stelle der
Palm
Islands.
Man nimmt die besonderen Formen der Inselteile gar nicht wahr, wenn man
darüber hinweg fährt. Es sieht aus wie ein normaler Ferienort in Florida.
Die "Baumkrone" dieser "Palme" ist eine eigene Insel, die man durch einen
Tunnel erreicht. Wir hatten leider keine Zeit, mal in das Hotelportal
einzutreten, es soll sehr eindrucksvoll sein.
Das
Madinat Jumeirah ist ein großes Freizeit- und Geschäftszentrum mit
Parkanlagen, Hotels, Geschäften, "Flusslandschaften" und Gastwirtschaften.
Auch dieser Ort erinnert uns ein wenig an Florida Beach. Die Anlage ist in Sichtweite des berühmten
Burj Al
Arab direkt am Strand "Jumeirah Beach". Es ist beeindruckend schön!
Am späten Nachmittag fahren wir in die
Dubai Marina: Nur ein Wort: GROSSARTIG. Es ist eine der neueren
Attraktionen in Dubai, allerdings 25 km vom Stadtzentrum entfernt. Hier
entstehen Wolkenkratzer wie am Fließband. Der Ortsteil "Marina" ist die teuerste
Wohngegend der Stadt. Luxus ist seiner reinsten Form, könnte man sagen. Hier
nehmen wir zum
Abendessen Platz in einem Restaurant mit Blick auf die Marina. Vornehm zu
speisen, die Mega-Yachten im Blick, dahinter die Kulisse der Uferpromenaden
und Illuminationen. Allerdings sieht man der Anlage auch ihre
Künstlichkeit ein wenig an.
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Video
Modernes Dubai
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Weitere Anmerkungen unseres emiratischen Guides
Hier noch ein paar Ausführungen, die wir den
Erzählungen und Berichten unseres Guides entnommen haben:
- "Was sind die Haupt-Motivatoren der Menschen, die hier leben
wollen?" Gute Frage! Hier ist seine Antwort. Es gibt zwei Hauptgründe,
sich für den Wohnort Dubai zu entscheiden.
- Der erste Grund ist: Wir sind ein steuerfreies Land. Jeder weiß
genau, wieviel er verdient und wieviel er ausgeben kann. Wir werden
nicht von Steuergesetzen überrascht, der Steuersatz ist Null.
Folgerichtig gibt es zwar ein Ökonomie-Ministerium mit je einem
Einnahme- und einem Ausgabeamt, aber es gibt kein Finanzamt. Man müsse
in diesem Land nur addieren und subtrahieren können. Multiplikation und
Division seien unnötig. Deshalb gibt es Investoren aus der ganzen Welt,
die hier ihr Geld anlegen, hauptsächlich in Immobilien. Wie dieses
Geschäftsmodell aussieht, wird weiter unten noch erklärt. Der Staat
finanziert sich übrigens (neben den Öleinnahmen) von einer
Gewerbesteuer.
- Zweitens: Es gibt fast keine Bürokratie. Es ist unbedeutend, woher
man kommt (außer Israel), was man kann oder glaubt oder wie man aussieht.
Nur eines ist wichtig: Man braucht einen Emirati mit staatlich
anerkanntem Gewerbe, der einem einen Arbeitsvertrag unterschreibt. Und
schon ist man "drin". Man kann dann auch eine Firma gründen - wenn man
das Geld mitbringt, z.B. für Gewerbegebühren. Das trägt merkwürdige
Blüten, wie man am Immobilien-Geschäftsmodell Dubais ablesen kann, von
dem weiter unten die Rede ist.
- Frauen tragen in den arabischen Ländern traditionell schwarze
Kleidung. Warum schwarz? Warum nicht "weiß", wie die Männer? Der
nächste Spiegelpunkt gibt die Begründung sinngemäß wieder, die Mehmet
uns für die Farbe "schwarz" geliefert hat.
- Entstanden war die Farbe etwa im 2. Jahrtausend vor Christus.
Bedecken musste man sich immer schon in der Wüste, wegen der
klimatischen Verhältnisse und wegen des Wüstenstaubs. Zu der Zeit
glaubten die Araber an einen "Mond-Gott" und huldigten ihren Göttern in
den entsprechenden Tempeln. Die Tempel-Priester und Tempel-Schwestern
(Tempel-Huren) gaben den Herrschenden (und allen anderen, die Geld
hatten) Auskunft über deren Zukunft. Und man glaubte, die
Tempel-Schwestern holten ihre Antwort direkt von Gott. Die Antwort zu
holen, war ein "transzendenter sexueller Akt" einer unbekleideten
Tempel-Schwester mit Gott. Und die Menschen, welche die Antwort
erwarteten, haben zugeschaut. Die empfangene göttliche Nachricht wurde
vom Tempel-Priester niedergeschrieben und gegen Bezahlung an die
Fragenden gegeben. Zu Beginn galten diese Dienste als ehrenvolle Arbeit.
In späteren Zeiten wurden diese Frauen dann im privaten Umfeld belästigt
und bedrängt - mit der Folge, dass die Priester und das "Tempelgeschäft"
in Verruf gerieten. Infolgedessen haben die Könige eine
Kleidungsvorschrift eingeführt. Zum Schutze der Schwestern sollten alle
Frauen untereinander nicht mehr unterscheidbar sein, es solle also
niemand mehr sehen können, ob diese Frau eine Tempel-Schwester war oder
nicht. So weit zur Einheitlichkeit der Bedeckung. Aber das erklärt noch
immer nicht die Farbe! "Das schwarz beseitigt die Konturen", so die
Antwort. Die Körperlinien und -formen kämen nicht mehr zum Vorschein. So
waren auf einmal alle Frauen schwarz und wurden davor beschützt,
belästigt zu werden. Die Farbe "schwarz" für Frauen sei also schon 2.000
Jahre vor dem Islam geprägt worden und wurde als Tradition übernommen.
Die Farbe "weiß" für die Männer - stark verkürzt, aber auf den Punkt
gebracht - ist die Farbe der Unschuld.
- So weit die Ausführungen unseres Guides Mehmet. Klingt für uns
irgendwie "schwarz/weiß". Die einen sind schuldig, die anderen
unschuldig. Für uns klingt das so, als wäre "Tradition" schon ein Wert
"an sich". Aber dem ist nicht so! Denn dann wären ja auch Sklaverei und Kannibalismus "Traditionen",
die zu pflegen weiterhin wertvoll wären! Wie dem
auch sei, wir lassen diese Darlegungen ungeprüft auf ihre faktische
Richtigkeit mal so stehen. Wenn man sich aber die heutige Situation in
den deutschen Städten ansieht (Stichwort "Silvester 2015 in Köln"), dann
kann man dem Verhalten durchaus eine gewisse Kausalität abgewinnen.
- Schließlich weiht uns Mehmet noch in die Kunst des arabischen
Geldverdienens ein. Er konstruiert ein fiktives Beispiel: Hans will in
Dubai eine Bäckerei eröffnen und mitteleuropäisches Brot backen und
verkaufen. Dazu braucht er aber einen Emirati, der mindestens 51% von
dieser Firma zu halten bereit ist, denn Hans selbst kann in Dubai keine
Firma eröffnen, die ihm allein gehört. Jede Firma gehört mehrheitlich einem Emirati -
jede!!! Wenn er den dann gefunden hat, vereinbart Hans mit ihm ein
"Privat-Protokoll". Wohlgemerkt, keinen privatrechtlichen
Vertrag!!! Sondern ein "Privat-Protokoll", das nur diesen beiden
Personen bekannt ist. In diesem "Protokoll" steht dann, dass die Firma
allein Hans gehört, er allein Geld investiert und für Gewinne und
Verluste verantwortlich ist. Dieses Protokoll ist natürlich niemandem
bekannt, ein solches "Verfahren"
ist sogar verboten. Zu Gefängnis würden entsprechend beide verurteilt,
wenn es herauskäme, insofern haben
beide Seiten ein exorbitant hohes Interesse daran, dass nichts nach
außen sickert. Für diese "Dienstleistung" kassiert der Emirati dann eine
bestimmte, im Protokoll festgelegte Summe. Da es keine
Finanzgesetzgebung in Dubai gibt, ist dieses Finanzgebaren völlig legal.
Nur die verdeckte Eigentümerschaft der Unternehmung ist es nicht. Der Staat sucht
aber auch nicht nach solchen Konstruktionen. Jedoch hin und wieder geraten zwei
"Vertragspartner" aneinander. Wenn das dann hochkocht und herauskommt,
tritt auch eine Strafverfolgung seitens des Staates ein. Und nun stelle
man sich vor, wie viele einzelne solche "Privat-Protokolle" ein
einzelner Emirati hat. Mehmet schätzt die durchschnittliche Zahl solcher
Verträge auf - so wörtlich - etwa 10 Deutsche und 40 Amerikaner. Mit
dieser Masche machen einzelne Emiratis Millionen - jedes Jahr.
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Unser
Fazit:
- Wenn die Emirate es eines Tages schaffen, die
Geschlechter-Apartheid und etliche andere archaische Strukturen über
Bord zu werfen und demokratische Strukturen zu schaffen, dann, ja, dann
kommen wir wieder. Aber nur dann!
- Und noch etwas ist uns wichtig, festzustellen: Im
direkten Vergleich "Südafrika und Dubai" schlägt das Land am Kap diesen
Wüstenstaat um Dimensionen. An Sehenswürdigkeiten, an Natürlichkeit, an
Kultur, Ehrlichkeit und Wärme, Freundlichkeit und Sympathie. Zum Schluss
noch eine Winzigkeit unserer Beobachtungen in diesen beiden Ländern, um
das zu belegen:
- Auch Freddy, der Busfahrer, und Amora, unsere
Reiseleiterin am Kap, kannten sich vorher nicht. Sie haben das erste Mal
zusammen gearbeitet. Trotzdem waren die beiden sehr nett zueinander,
aufmerksam, respektvoll, freundlich und witzig. Demgegenüber in Dubai:
Gab es ein freundliches Wort zwischen Mehmet und dem Busfahrer in Dubai?
Einen netten Blick? Nein, nichts! Mehmet hat ihm nicht ein einziges
Lächeln geschenkt. Nur Aufträge erteilt und ihn einmal sogar - coram
publico - mächtig "zur Schnecke gemacht", als er 15 min zu spät kam. Und
der Busfahrer? Er hat sein Zuspätkommen verteidigt statt es zu
entschuldigen. Sympathie und Dienstleistungsorientierung geht anders!!!
- So bleibt die Zuversicht, dass wir es noch
einmal nach Südafrika schaffen - "nur" Südafrika! Ohne Dubai.
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