Leitfaden zum Gebrauchtwagenkauf 3(4)

1     2     3     4


Reihenfolge

Themen zum Abarbeiten

Motorraum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ACHTUNG:

Dieser Leitfaden unterliegt dem Urheberrecht.

Wartung

  • Oft wird der Motorraum vorher einer Wäsche unterzogen, um alles schön gepflegt aussehen zu lassen. Man muss also genau hinschauen, ob der Motorraum frei von Ölen oder anderen Stoffen ist.
  • Sicherheitshalber sollte man die Fahrgestell-Nummer kontrollieren (die letzten 6 Ziffern), besonders bei älteren Fahrzeugen oder wenn man Anlass zu Misstrauen hat.
  • Bei Zweifeln sogar die Motornummer. Natürlich sieht es immer fachkundig aus, wenn man bei dem jeweiligen Fahrzeugtyp auch genau weiß, wo sich die Nummer befindet und man nicht erst suchen muss!
  • Die Verschraubungen von Kotflügeln, Stoßdämpfern, Motorelementen und anderen Teilen müssen genau angeschaut werden. Man kann erkennen, ob die Schrauben schon mal gelöst wurden. Entweder an der Farbe oder an der Schraube selbst. Manchmal sieht man auch Farbnebel oder Sprühreste an Gummis.
  • Diese Frage an den Verkäufer darf nicht fehlen: Wieviel Öl verbraucht der Motor? Wenn er es weiß, wird es im Vertrag festgehalten. Falls nicht, kann man es leider nicht direkt feststellen! Aber man kann es indirekt anhand von Indizien vermuten:
    - Ölmeßstabkontrolle (Tropfen sind OK, aber nicht Klumpen, erst recht keine Metallteilchen)
    - Öltropfen unter dem Motor (falls eine Bühne vorhanden ist)
    - Blaue Abgase aus dem Auspuff zeugen von verbranntem Öl und sollte zu Vorsicht mahnen!
  • Ein Motor sollte normalerweise nicht (viel) mehr als 1 Liter auf 1.000 km verbrauchen. Achtung: Vor deutschen Gerichten wird sogar ein Verbrauch von 2 Litern noch als vertretbar angesehen!
  • Man sollte den Öleinfüllstutzen aufschrauben und genau ansehen. Er sollte möglichst wenig weiße oder gelbe Ablagerungen haben, im Idealfall gar keine, aber auf keinen Fall richtigen "Schlamm". Das deutet auf viel Kurzstrecke hin, wenig Pflege oder im schlimmsten Fall auf eine defekte Zylinderkopfdichtung.
  • Ein Tropfen unter dem Ölfilter oder der Ölablaßschraube ist in aller Regel harmlos.
  • Ist genug Kühlwasser aufgefüllt? Fast alle Behälter haben Minimum-Maximum-Markierungen eingeprägt. Kühlwasser darf nicht rostig aussehen. Leckt der Kühler bzw. hängen Tropfen darunter?
  • Ist genug Bremsöl aufgefüllt? Wann wurde das Öl zum letzten Mal gewechselt? Gibt es dazu Informationen? Hängt ein Wartungs- oder Werkstattschildchen im Motorraum? "Passen" die Daten Daten zusammen? Bremsöl sollte nicht viel älter als 3 Jahre sein, kürzer ist besser!
  • Die beiden Pole der Batterie (häufig auch im Kofferraum zu finden!) dürfen keine Ablagerungen haben. Wurde etwas Polfett aufgetragen, zeugt das von Pflege und Wartung. Falls die Batterie nicht wartungsfrei ist, kann ein Blick in zwei oder drei Kammern recht aufschlussreich sein. Auf keinen Fall darf der Säurestand so niedrig sein, dass die Bleiplatten teilweise frei liegen.
Technik und Probefahrt

Motor und Auspuff

  • Wenn es "geht", immer zunächst den Verkäufer fahren lassen. Das gibt einen Eindruck von seinem Fahrstil. Man erkennt etwa sofort, ob er kupplungsschonend fährt, siehe auch mein "Wort zur Kupplung".
  • Klingt der Motor "normal"? Besonders, wenn er warm ist. Bleibt die Motordrehzahl konstant?
  • Auskunft über einen gesunden und korrekt eingestellten Motor gibt auch die Farbe der Abgase. Weiße Wölkchen entstehen, wenn Kühlwasser verbrannt wird. Das ist meistens teuer, weil dann oft die Zylinderkopfdichtung defekt ist. Blaue Wölkchen sind nicht ganz so tragisch, dabei wird jedoch Öl verbrannt, was auch nicht ganz "gesund" ist. Hier hängt es von der Menge ab, siehe Thema "Ölverbrauch" weiter oben. Das liegt meistens an verschlissenen Ventilkäppchen oder Ventilschaftdichtungen. In schlimmeren Fällen sind es verschlissene Ölabstreifringe. Je nach Auto und km-Leistung kann sich hier sogar noch eine Reparatur lohnen. Das kann jeder Kfz-Geselle.
  • Man sollte überlegen, ob eine zweite Person in einem anderen Auto hinterher fahren kann, wenigstens ein paar km. So sieht man die Abgaswölkchen und kann sie in die Bewertung mit einfließen lassen. Wölkchen bei kaltem Motor oder in der kalten Jahreszeit sind übrigens normal.
  • Scheppert der Auspuff? Oder klingt er besonders "sportlich"? Ob ein Auspuff noch in Ordnung ist, kann man eigentlich nur auf der Bühne beurteilen. Diese Gelegenheit hat man allerdings nicht unbedingt. Aber mindestens kann man hinten am Auspuff mal kräftig wackeln, eventuell sogar die hinteren Gummis anschauen.

 

Lenkung

  • Sitzt das Lenkrad bei Geradeausfahrt mittig? Falls nein: Große Vorsicht.
  • Das Lenkrad darf nicht (stark) vibrieren - bei keiner Geschwindigkeit. In diesem Fall haben wir es mit schlecht (oder gar nicht?) ausgewuchteten Rädern zu tun. Oder schlimmer noch: Defekte Felgen!
  • Das Lenkrad darf auch kein großes Spiel haben, sonst sind evtl. die Spurstangen nicht in Ordnung.

 

Kupplung und Getriebe

  • Für die Kupplung gibt es zwei gute Tests: Einer im Stand bei laufendem Motor und einer während der Probefahrt.
  • Im Stand muss man vor allem die "Geräuschkulisse" checken. Also Tür öffnen und mal genau hinhören: Wenn es vernehmbar klingelt oder rasselt, ist schon mal Vorsicht geboten. Sollte das Rasseln bei getretener Kupplung (ohne Gang) aufhören oder deutlich geringer werden, deutet das auf eine defekte oder zumindest arg gebeutelte Kupplung hin. Man lese zu diesem Thema auch ggf. meine oben bereits erwähnten Ausführungen zum Gebrauch von Kupplungen.
  • Der andere Test sieht so aus: Handbremse anziehen, Kupplung im 1. Gang kommen lassen, etwas Gas geben, dann muss das Auto "hart ruckeln". Wenn sich das im Kupplungspedal "butterweich" anfühlt oder extrem spät "kommt", heißt es Vorsicht!
  • Sehr hilfreich: Der Blick auf die Gummierung des Kupplungspedals. Je nach Abnutzung des Gummis ist die Kupplung entsprechend oft benutzt worden. Das ist ein linearer Zusammenhang: Je abgenutzter das Pedalgummi, um so schlechter die Kupplung. Dieser Test macht natürlich nur beim Schaltwagen Sinn. Beim Automatik ist dieses Problem gar nicht vorhanden.
  • Ein Getriebe geht eigentlich gar nicht kaputt. Die Haupt-Verschleißteile beim Getriebe sind die Synchronringe. Man kann aber folgenden kleinen Getriebe-Check machen:
  • Nehmen wir einmal an, man fährt im 2. Gang und zieht den Motor mal an das obere Ende des Drehzahlbereiches, sagen wir bis Tempo 60 oder 80 (das hängt ja vom Auto ab!). Dann schaltet man in den 3. Gang und anschließend bei genau demselben Tempo zurück in den 2. Gang. Wenn das funktioniert, ohne dass man die Zahnräder spürt oder hört, dann dürften keinerlei Probleme vom Getriebe zu erwarten sein!

 

Bremsen im Stand

  • Immer daran denken: Im Zweifel sind Bremsen wichtiger als der Motor! Den Zustand der Bremsen kann man aber (im Gegensatz zu Kupplung und Getriebe) sehr zuverlässig und leicht feststellen.
  • Hier muss gleich zu Beginn die Frage an den Verkäufer erlaubt sein, ob die Bremsbeläge oder sogar die Bremsscheiben schon mal ausgetauscht wurden bzw. wann das zum letzten Mal geschah. Siehe auch "Vertrauensfrage"!
  • Vor allem die Prüfung der Bremsscheiben vorn ist extrem aufschlussreich. Ab  ca. 25.000 km dürfen die Scheiben an der Außenseite eine deutliche, fühlbare Kante haben. Je heftiger diese Kante ist, umso eher ist ein Austausch fällig. Eine genaue Messung ist zwar möglich, aber dazu ist schon etwas mehr Aufwand nötig, etwa Auffahren auf eine Bühne oder Abnehmen des Rades. Mit ein wenig Erfahrung kann man das aber auch schon mit einer Fingerspitze feststellen!
  • Ist die Kante sehr groß und hat das Auto gleichzeitig wenig Laufleistung (z.B. nur 10 oder 20.000 km), sollte man sehr stutzig werden! Entweder wurde das Fahrzeug stark beansprucht - sprich: sehr sportliche Fahrweise (Rennstrecke?) - oder der km-Stand stimmt nicht. Und das alles sollte auch noch mit der Information des Käufers zusammenpassen, wer das Auto wie gefahren hat. Eine Verkäufer-Aussage "Das Auto hat meine Oma gefahren!" kollidiert mit einer heftigen Bremsscheibenkante und geringer km-Leistung in exorbitanter Weise und ist mit großer Sicherheit eine Unwahrheit.
  • Wichtig ist auch noch, den Status der Bremsklötze ins Verhältnis zu den Bremsscheiben zu sehen. Passt das zusammen? Und passt das wiederum zu den Aussagen des Verkäufers? Für die Beurteilung der Beläge ist allerdings meist etwas mehr Aufwand (eine Bühne oder das Rad abnehmen) nötig. Eine kleine Taschenlampe ist sehr hilfreich.
  • Und noch etwas: Wie sehen die Bremssättel aus? Passt das zum Alter des Autos? Ein Auto, das angeblich nur im Sommer gefahren wurde, darf keine verrosteten Bremssättel haben! Und wenn der linke Bremssattel deutlich verrosteter ist als der rechte, heißt das "Obacht geben!" Es kann aber auch einen harmlosen Hintergrund haben, z.B. wenn das Auto im Winter an der Straße steht und die Streufahrzeuge regelmäßig ihre Ladung Salz unter das Auto geschickt haben.

 

Bremstest während der Fahrt

  • Man muss unbedingt darauf achten, dass keine Verkehrsgefährdung entsteht. Und natürlich muss man den Beifahrer informieren, was man vorhat.
  • Um die Funktionsfähigkeit der Bremsen zu testen, reicht eine Geschwindigkeit von 30-50 km/h vollkommen aus.
  • Nach kurzem "Warmbremsen" von Scheiben und Belägen bremst man den Wagen relativ kräftig ab und lässt dabei das Lenkrad vorsichtig los. Das Fahrzeug darf dabei nicht nach rechts oder links ausbrechen! Falls es das doch tut, ist große Vorsicht angesagt. Dann ist ein Austausch von Bremsbelägen und eventuell sogar Bremsscheiben fällig. Im schlimmsten Fall sogar auch noch die kompletten Sättel mitsamt der Bremskolben. Das ist dann richtig teuer.
  • Beim 2. Bremsentest führt man eine Vollbremsung aus. Wenn das ABS einwandfrei funktioniert, dann dürfen die Räder erst kurz vor Stillstand des Autos blockieren. Auf nasser Straße oder gar bei Schnee geht das natürlich besser. Man spürt die ABS-Funktion sehr deutlich im rechten Fuß.
  • Handbremstest nicht vergessen, besonders bei Fahrzeugen mit Scheibenbremsen hinten: Man zieht bei Schrittgeschwindigkeit den Bremshebel erst langsam, dann aber auch kräftig hoch. Dabei müssen beide Räder blockieren und das ganze Auto muss gleichmäßig in der Hinterachse "eintauchen" und wieder zurückfedern. Eine ungenügende Handbremsfunktion ist aber meist kein großer Kostenfaktor.

 

Stoßdämpfer

  • Alter und Laufleistung des Fahrzeugs zerren auch an den Dämpfern.
  • Ein erster Test lässt sich durch kräftiges Wippen an den 4 Ecken des Autos durchführen. Schaukelt das Auto nach, sind die Dämpfer defekt.
  • Aber Vorsicht: Nicht zu stark mit kleiner Auflagefläche (z.B. nur ein Handballen) drücken! Man kann auch Beulen in den Kotflügel drücken! Das sieht nicht nur sehr unprofessionell aus, man hat auch fremdes Eigentum beschädigt!
  • Es gibt auch richtige Stoßdämpfertests, die man beim TÜV, der Dekra oder in Werkstätten durchführen lassen kann. Man muss im Einzelfall entscheiden, ob das Sinn macht.

 

Räder und Reifen

  • Frage an den Verkäufer: Hat es Reifenschäden gegeben? Dann die Reifen genau anschauen!
  • Oft werden Reifen mit einem Silikon-Spray oder ganz einfach mit etwas Kühlerfrostschutz behandelt, der sie wie neu aussehen lässt. Davon darf man sich auf keinen Fall beeindrucken lassen.
  • Reifen sollten keine äußerlichen Schäden aufweisen, besonders nicht an den Flanken. Reparaturen an Reifenflanken sind hochgradig bedenklich.
  • Außerdem sollten Reifen halbwegs gleichmäßig abgefahren sein. Vorn/hinten darf es unterschiedlich sein, weil die Antriebsachse immer etwas mehr Verschleiß als die "mitrollenden" Räder. Aber rechts und links dürfen keine Unterschiede sein!
  • Auch die Lauffläche sollte einigermaßen gleichmäßig abgenutzt sein. Der "Sägezahn" (Abnutzung des Reifenprofils in Form einer Säge oder Treppe) sollte nicht zu ausgeprägt sein. Das kann durch dem Fahrstil begründet sein, aber auch durch die Charakteristik des Reifens. Beides wäre unkritisch. Es kann aber auch auf eine verstellte Achsgeometrie oder defekte Stoßdämpfer hinweisen.
  • Die gesetzliche Mindestprofiltiefe liegt bei 1,6 mm. Aber alles, was weniger als 3 mm ist, ist wertlos und daher zu ersetzen. Das kann Verhandlungsspielraum sein, den man nutzen muss.
  • Eine Kontrolle der Felgen kann auch nicht schaden, besonders, wenn es "Bastler- oder Tuner-Fahrzeug" ist. Selbst ein Autoliebhaber kann mal eine Bordsteinkante berühren. Das ist Potenzial bei der Preisverhandlung!

 

zurück

Übersicht

weiter