29.
Mai 2009
Besichtigung der Produktionsstätte des neuen Z4 (E89) im BMW-Werk in
Regensburg
1) Besichtigung des BMW-Werks in Regensburg
- Unser Event 2009 wurde organisiert vom "BMW-Voten-Forum"
- Dieses Forum ist eine private BMW Community und
Fanseite aller BMW-Baureihen. Dessen Eigentümer Frank kennen wir schon
seit vielen Jahren und haben mit ihm natürlich auch schon die eine oder
andere Runde mit unserem Z4 gedreht.
- Ein dickes Lob geht deshalb an ihn und seine Corinna,
die das mit viel Herz und Verstand vorbereitet haben. Und nicht zu
vergessen Robert, den BMW’ler, der uns die Tür zur BMW-Welt noch weiter
geöffnet hat als das normalerweise der Fall ist.
- Treffpunkt der gesamten Gruppe mit ca. 59 Personen
und 32 Autos war ein eigens für uns abgesperrter Parkplatz in
unmittelbarer Hotel-Nähe in Regensburg. Von dort fährt die gesamte
Gruppe gegen 10 Uhr zum nur wenige km entfernten BMW-Werk in der
Herbert-Quandt-Allee.
- Dort war die örtliche Presse anwesend, hat ein paar
Interviews geführt und sich über die ungewohnten Namen gewundert:
Alias-Namen wie "Zahnarztzicke" oder "E46-Karl" erschließen sich für
nicht Internet-Reisende nicht sofort. Den
Zeitungsartikel
findet man bei den Bildern. Oder
direkt
hier im Netz.
- Auch ein regionaler Fernsehsender wollte eine Sequenz
drehen, hat aber 1 h vorher abgesagt.
- Leider herrscht im Werk ein rigoroses
Fotografierverbot, so dass ich hier auf verbale Beschreibungen
zurückgreifen muss.
- Apropos Fotografieren: Ich hatte dummerweise meine
Kamera vergessen und musste alle Aufnahmen mit der Handy-Kamera machen.
Entsprechend schlecht ist die Bildqualität, sorry!
2) Mittagessen in der Werkskantine
- Noch vor der offiziellen Begrüßung hatten wir die
Möglichkeit, in der Werkskantine zu Mittag zu essen.
- Es ist wohl sehr unüblich, dass eine Besuchergruppe
mit den Arbeitern an einem Tisch essen kann. Da hatten wir sicher einen
Sonderbonus, den wir wohl dem Robert zuschreiben können, der selbst Z3
fährt und hier in diesem Werk arbeitet.
- Auch dort war alles toll organisiert, die Kasse
akzeptierte ein Stichwort und mehrere Reihen von Tischen waren explizit
für uns reserviert.
3) Begrüßung und Vortrag
- Die Begrüßung seitens der BMW AG findet in einem
Präsentationsraum statt.
- Es werden das Logo erklärt - das natürlich in unserer
Gruppe jeder kannte - und dazu ein paar Fakten zur Historie von BMW und
der Fahrzeuge erläutert. Von den ersten Flugzeugmotoren bis zum neuen
Z4. Dazu wurden auch 2 kleine Videos gezeigt.
- Danach erfolgte eine Einteilung in zwei Gruppen mit
29+30 Personen, die dann mit je einem Führer die ca. 3 km lange Strecke
der einzelnen Produktionsstätten abgingen.
- Wie heutzutage allgemein üblich, bekommt man bei
solchen Führungen eine kleine Empfangseinheit um den Hals und ein
Headset auf's Ohr gehängt, damit man den Führer bei seinem Vortrag auch
gut verstehen kann.
4) Presswerk
- Hier beginnt jegliches BMW-Autoleben aus einer
tonnenschweren Blechrolle mit platt gewalzten Stahlblechen.
- Die erste Produktionsphase erzeugt aus dem Stahlblech
einzelne Karosserieteile wie Türen, Dächer, Hauben usw.
- Aufgrund der großen Lärmentwicklung und der starken
Erschütterungen werden bestimmte Vorkehrungen getroffen, um die Umgebung
nicht zu stark zu beeinträchtigen.
- Es wird mit einem maximalen Pressdruck von 8.100 t
gearbeitet.
- 200 t Blech werden hier jeden Tag verarbeitet.
- Etwa 550 Blechteile pro Fahrzeug und 20.000 Teile pro
Tag.
- Das Rohblech ist zwischen 0,7 und 2 mm dick.
- Die Pressenstraße ist 10 m hoch, 54 m lang und 11 m
breit.
- 150 Mitarbeiter arbeiten im Vier-Schicht-Betrieb von
Sonntagabend bis Samstagnachmittag. An Werktagen läuft die Presse rund
um die Uhr. Nur heute leider nicht! Schade, denn gerade wird ein
Fahrzeugwechsel vorbereitet und deshalb steht die Presse.
- 200 Autos vom Typ Z4 werden hier jeden Tag gebaut und
ungefähr 1.000 Autos (außer Z4 noch 1er und 3er) insgesamt.
5) Karosseriebau
- Hier werden die 550 verschiedenen Teile überwiegend
von Robotern zusammengeschweißt. Etwa 1.000 Roboter stehen hier.
- Der Automatisierungsgrad liegt bei 95%.
- Zusätzlich arbeiten hier etwa 2.100 Mitarbeiter.
- Zur Anwendung kommt: Punktschweißen,
Schutzgasschweißen, Kleben, Verschrauben und Bördeln.
- An dieser Stelle der Produktion wird nur "Schiebedach
Ja/Nein" unterschieden. Alles andere kommt später, sogar Rechts- oder
Linkslenker wird erst später unterschieden.
- Eine Elektronik, welche die kompletten Daten eines
jeden Fahrzeugs erhält, führt das Auto durch alle Produktionsschritte.
Sie enthält alle Informationen für das jeweilige Auto und führt sie
kontaktlos an die jeweilige Fertigungsstation. So erhalten die Roboter
die Information, welches Auto gerade dran ist.
- Dabei werden Teile zusammen geschweißt oder auch
Schrauben o.ä. in die Karosserie eingeschweißt, an denen später Motor,
Aggregate und diverse andere Teile angeschraubt werden.
- Die Überprüfung aller Schweißpunkte erfolgt mit einem
automatischen Laser, aber auch visuell durch Mitarbeiter.
- An jedem Fahrzeug gibt es etwa 5.500 Schweißpunkte.
6) Lackierung
- Als nächstes werden wir in die Lackierung geführt. In
einem Präsentationsraum gibt es erst einen kleinen Film zu sehen,
außerdem hängt jede Menge Anschauungsmaterial an den hohen Wänden. Von
unterschiedlichen Lackierungen und Farben über eine halbfertige
M3-Karosserie bis zu einem von Auszubildenden umgebauten als
Fernsehsessel gestalteten "Mini-Cabrio-Hinterteil", also die Fond-Sitze
eines Mini Cabrio.
- Der Lackierprozess besteht aus mehreren Schritten:
- Grundreinigung
- Auftragen einer Zink-Phosphatschicht als Rostschutz
- Korrosionsschutz mit Hilfe der kathodischen Tauchlackierung (KTL)
- Trocknung
- Füllerlack (eine Art Grundierung)
- Decklack (die Kundenwunschfarbe)
- Pulverklarlack
- Die Roboter arbeiten mittels
Hochgeschwindigkeits-Rotationsglocken. Diese drehen sich bis zu 40.000
mal pro Minute. Die elektrostatisch aufgeladenen Lackteilchen werden von
der geerdeten Karosserie angezogen und verteilen sich daher besonders
gut bis in die feinsten Vertiefungen des Blechs. Hierdurch wird weniger
Farbe gebraucht.
- Der Automatisierungsgrad in der Lackierung liegt bei
80%.
- Beim BMW 1er wird 17,7 kg Farbe auf 90 qm verteilt,
allerdings sichtbar davon nur 10 qm.
- Es gibt 20 Serienfarben und an die 300
Sonderlackierungen.
- Unser Führer meint: "Jeder Lack ist möglich!" OK, aber
zu welchen Kosten? Uns hätte ja schon gereicht, wenn unser Mini mitten
im Dezember 2008 mit Winterreifen hätte geliefert werden können. Aber
BMW hat keinen Vertrag über Winterreifen mit seinen Reifenlieferanten!
Na ja…
7) Die Hochzeit als Teil des
Montageprozesses
- Das war für mich der interessanteste Teil der ganzen
Produktion.
- Aus zwei Straßen, die zunächst nebeneinander liegen,
werden zwei Bänder, die nach einer Links-Rechts-Kurve dann übereinander
geführt werden.
- Es ist einfach ein erhabenes Bild, wie in weniger als
einer Minute aus einem Fahrgestell mit Motor sowie komplettem
Antriebsstrang und einer Karosserie ein fast fertiges Auto
vollautomatisch zusammengeschraubt wird.
- Die Hochzeit vollzieht sich in 2 Schritten. Eine
spezielle Robotereinheit übernimmt Karosserie und Fahrgestell und
schiebt sie ineinander. Eine zweite Stufe Roboter, ein paar Meter
daneben, verschraubt beide Baugruppen oben und unten an einer Vielzahl
von unterschiedlichen Stellen - und alles mit dem richtigen Drehmoment.
Hier hätte ich gern noch länger und genauer hingeschaut - und am
liebsten natürlich Fotos gemacht…
8) Montage
- Im Montageprozess wird aus der lackierten Karosserie
und dem fast kompletten Fahrgestell mit allen weiteren Teilen ein
fertiges Auto.
- Besonders beeindruckend ist, dass hier Z4, 1er und
3er Limo, Coupé oder Cabrio in beliebiger Reihenfolge und mit
unterschiedlichen Farbkombinationen hintereinander her rollen. Und
trotzdem bekommt jedes Auto die richtigen Sitze, Räder,
Sonderausstattungen usw. Zwei gleiche Autos direkt hintereinander kommen
quasi nicht vor.
- Wir sehen die Arbeitsvorbereitung zum Einbauen der
Bremsen, wir beobachten die Radmontage (es werden zunächst nur 4
Schrauben eingesetzt, im nächsten Schritt bekommt jedes Auto dann ein
Felgenschloss) und auch die Betankung der Autos.
- Übrigens haben wir auch viele Frauen am Band arbeiten
sehen, als Arbeitsvorbereiterinnen, Monteure, Schweißerinnen u.a.
- An einer Stelle des Bandes werden bestimmte Teile der
Karosserie mit einer besonderen (dickeren, längeren) Schweißnaht (habe
leider vergessen, wie die heißt) versehen. Etwas, was der Roboter nicht
kann oder was zu automatisieren zu teuer wäre.
- Die Netto-Bauzeit für ein Fahrzeug liegt bei 40-50
Stunden, je nach Typ und Ausstattung.
- Schon als Besucher erkennt sofort, dass die Montage
der personalintensivste Bereich der ganzen Produktion ist. Hier ist der
einzige Bereich, wo wir in nennenswerter Anzahl Mitarbeiter bei der
Arbeit gesehen haben. Da fragt man sich schnell: Wo sind denn eigentlich
die restlichen 6.000?
- Einiges haben wir leider nicht gesehen, z.B. Motor-,
Fahrwerks- und Antriebs-Einbau sowie den Prüfbereich. Auch die
Tauchbecken in der Lackierung und das Finish hätte ich noch sehr
interessant gefunden. Aber gut, alles kann man ohnehin nicht
(ausführlich) sehen. Das in schon Ordnung!
9) Fazit
- Faszinierend ist für mich vor allem die Beherrschung
dieses komplexen Logistikprozesses. 20.000 Teile eines Autos zur
richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu haben: Motor, Karosserie,
Sitze, Lenkrad… Man stelle sich die Zahl der möglichen Kombinationen
vor! Der Internetseite von BMW habe ich entnommen, dass allein beim BMW
7er "10 hoch 17" oder 100.000.000.000.000.000 Varianten möglich sind.
Das ist Ingenieurskunst, die mich begeistert.
- Beeindruckend ist für mich auch, wie oft unser Führer
von Mitarbeitern, von Gesundheitsschutz oder Qualifizierung spricht. Ich
will es mal nicht als Marketing abtun, sondern annehmen, dass BMW das
wirklich ernst meint. Mich würde die Gesundheitsquote eines solchen
Werkes interessieren!
- Ein großes Lob möchte ich für unseren Führer
aussprechen, der uns mit großer Leidenschaft und Sachkenntnis durch
diese extrem interessante Fertigung geführt hat.
- Und irgendwie bin ich jetzt richtig stolz darauf,
dass in meiner Garage (fast) nur BMW’s stehen! :-)
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