1150 RT Erfahrungsbericht von Marcus Müller


Marcus Müller am 16.05.01
 
Meine neue RT hab ich meinem Händler quasi aus den Rippen geleiert.

Als Vorführbike war sie gedacht, noch nicht mal zusammengebaut, da hab ich sie mir schon unter den Nagel gerissen! Hmm als sie dann so vor mir stand kamen die ersten Gedanken ob die entscheidung wirklich so ultimativ war. Wirkt zwar schon Sportlicher als die 1100 - ich kann mich nicht dazu durchringen "die alte" zu sagen - aber wenn man genauer hinschaut ist die Verkleidung nicht gerade weniger geworden. Wuchtig wuchtig kann man da nur sagen.

Na was solls, setzen wir uns erst mal drauf. Hat schon bei der 1100 Wunder gewirkt. Schluck ... die Griffe ... komm mir ja vor in nem Kampf-Jet. Da hat die Sportlichkeit garantiert gelitten! Vielleicht hätte ich doch mal die FJR 1300 probefahren sollen. Na jetzt ist auch schon wurscht, rein in die Klamotten und auf gehts. Pfeifffffff ... aha, die Bremskraftverstärker! Extravagant aber Vertrauenerwckend - Die Zweifel beginnen zu bröckeln - es ist als ob mich eine alte Freundin begrüßt oder wie es in einem Artikel so schön hieß "Mama RT".

Die Hydraulische Kupplung ist ... na ja auffällig unauffällig beschreibt das wohl am besten. Nimmt dem Kardan viel von seiner Giftigkeit ob das der Anfang der unsportlichkeit ist? Drehen wir mal ein bischen am Gashelbel ... wow und das mit nur 5 PS mehr??? Die ham sich vermessen! Was passiert dann erst wenns über die 4000der Marke geht??? Ja, ich bin zuhause bei BMW, das Getriebe bestätigt immer noch mit einem deutlichen KLACK! -Typisch :)

Versuchen wir mal die Bremse ... Motorrad mit Schubumkehr??? wo gibts denn sowas??? Das Surren des BKV hält was es Verspricht - und der Computer erledigt den rest. Stark! Welt, ich komme! Also, ich hab jetzt so ca. 4000 km mit der neuen RT abgespuhlt, und ich muß sagen ich bin begeistert! Die 50ccm und das neue Getriebe tun der Sportlichkeit sehr gut! (Sehr zum Leidwesen meiner Fußraster). Das Tourer Image ist damit vom Tisch. Jeder Geanke an die FJR ist begraben! Hat sich zusammen mit dem ersten Liter Benzien in Luft afugelöst!

Für diese Maschine wurde ich geboren! Das ist Telepatie was da beim Kurvenfahren passiert! Kaum denke ich dran, tut sies auch schon! Das konnte nicht mal die 1100 - und die war in sachen Handling schon schwer genial!

Der Overdrive ist toll ... man verliert den bezug zu Raum und Zeit wenn man so dahingleitet - 140 aufm Tacho - Wo kommen die denn plötzolich her? Das Fahrwerk läßt die verbindung zum Boden vergessen es ist besser als Fliegen, das geht nämlich so niedrig gar nicht. Ich richte meinen Blick auf die Spiegel - nicht daß mich interessieren würde was hinter mir liegt, mich fasziniert vielmehr die Perfekte Ruhen in ihnen. Kein ruckeln, kein vibrieren dringt zu ihnen durch.

Der Gedanke an den Jet im Tiefflug drängt sich immer mehr in den vordergrund. - Der Schub aus der nächsten Kurve heruas bestätigt diesen Vergleich.

Es gibt da diese Tolle Werbung - hab vergessen für welche Make. "Was machen wir wenn es dunkel wird?" "Das Licht an!" Dieser Satz könnte auch für die Lichterphalanx der 1150 stehen. Schon allein die Höhenregulierung muß erwähnt werden. Doch das wirliche Zauberwort heißt Nebelscheinwerfer. - Ja ich weiß, bei dieser erwähnung kriegen die meisten das breite Grinsen. (War bei mir genau so) Etwas zweckentfremdet machen sich genau diese Dinger bei Nacht ganz hervorragen. Vorbei sind die Zeiten des Blindflugs. (Nicht daß das Licht der 1100 nicht gut gewesen währe, das neue leuchtet vor allem bei kurvenreicher Fahrt die Straße wesenlich besser aus). Besonders Interessant natürlich wenn man sich fern ab der Zivilisation ohne Straßenbeleuchtung herumtreibt. Und daß einen die Maschine jedesmal wenn man aufsteigt freudig und erwartungsvoll angrinst trägt auch sehr zu meiner Sympathie für diesen Eisenhaufen bei!

Wenn man die Scheibe richtig einstellt, kann man sich bei 200 ne Zigarette anzünden, aber das kennen wir ja alles schon, ich wolts nur noch mal erwähnt haben. Nun zu dem Thema, daß die Gemüter erhitzt: DIE BremSen! Am Anfang war ich schon recht skeptisch, vor allem was Passfahrten angeht (Ihr wisst schon, Hinterradbremse und so ...) Wie schon von anderen erwähnt, funktioniert die Fußbremse nur ganz oder garnicht, daß ist aber kein gesteigertes Problem, ist ja sowiso Vollintegral, man hat ja die Handbremse. Die muß man zwar auch freundlich behandeln, sonst quitiert sie auch recht heftig, dann tut sie aber auch alles für einen. Na ja, Waschen und Putzen kann sie halt nicht ...

Der Computer berechnet die Bremswirkung ja je nach zustand der Beladung, welchen er am Zeitpunkt des Blokierens der Räder erkennt. Hört sich ja recht philosophisch an. Und was ist zum Beispiel mit steilen Spitzkehren? Ist dat ding vielleicht hellseher??? Was ist wenn der Untergrund wechselt? Ich trau dem Ding genau soweit wie ich die RT werfen kann! Nun, was soll ich sagen? meine Bedenke sind in der ersten Spitzkehre liegengeblieben. Sogar bei wirklich steilen Tiefgarageneinfahrten könnte ich slebst nicht besser bremsen. Wer hat einmal gesagt, daß die Technik nur hoch genug entwickelt sein muß, um sie von Magie nicht mehr unterscheiden zu können? Ich würde sagen ist hiermit geschehen. Beim Bremsen von 60 oder 70 auf null steht die neue ganze 1,5 !eineinhalb! Motorradlängen früher als die 1100! Und man bedenke, daß ja auch die schon mit ABS daher kommt! Dafür sorgt nicht zuletzt das gut anblokierende Forderrad in der Endphase des Bremsens. (Natürlich ist der Halt am Ende auch wie bisher null problemo) Bis 50 Km/h ist jedoch kein unterschied bemerkbar, im gegenteil, ab und an ist die 1100 sogar besser. (Offenbar ist die Zeit nicht lang genug damit sich der Computer richtig adaptieren kann, da ist noch mehr rauszuholen) Diese erfahrungen und beobachtungen habe ich bei einem Früjahrs-Sicherheitstraining in Augsburg beim ADAC gemacht, wo auch eine 1100 zum direkten Vergleich anwesend war.


Fazit: Ich zitiere BMW: Es ist wie wenn man sich ins Halteseil eines Flugzeugträgers einklinkt. Aber das ist genau das was mich begeistert, power is nothing without control. Und es macht wiklich schon fast mehr spaß zu bremsen als zu beschleunigen! :) 
An dieser Stelle muß ich noch einen Nachtrag machen: Das Aufstellmoment beim Bremsen hat sich dermaßen verringert, daß man schon ganz schön heftig zulangen muß um davon efektiv überhaupt was mitzukriegen.

Alles in allem eine wirlich gelungene Maschine. Sicher giebt es Schnellere, sicher gibt es leichtere, je nach geschmack giebt es auch schönere, aber ich kenne keine die auf so vielen Gebieten so gut abschneidet. Von deutschen Autobahnen bis zu Alpenpässen ist die RT nirgens falsch. Und wenn die Straße auch mal nicht Asphaltiert ist, auch gut, dann halt nicht, schließlich ist bei der RT der Weg das Ziel.

Also ciau und vielleicht trifft man sich ja mal irgendwo dort draußen in den endlosen Kurven der Alpen!

Bikergrüße

Marc

 

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